Anlage 3 zum Rundschreiben 10/2002

Rundschreiben 10/2002

Vermerk

Mittwoch, 20.11.2002, 14.00 Uhr, Informationsgespräch im MUNF mit Vertretern ausgewählter Verbände

Teilnehmer seitens des MUNF:

Frau Brahms,
Herr Otten,
Herr Kaiser

Das Informationsgespräch dient der Bekanntgabe von Nachmeldebedarf, den das MUNF nach den Biogeographischen Seminaren zur Atlantischen Region im Juli in Den Haag und zur Kontinentalen Region im November in Potsdam sieht. Schriftliche Unterlagen lägen aber erst zum Atlantischen Seminar vor. Referenz- und Mängelliste sind mit der Einladung versandt. Die Übersendung von Referenz- und Mängelliste zur Kontinentalen Region nach Eingang wird zugesagt.

Frau Brahms referiert den Stand der zweiten Tranche von FFH-Meldungen: Gemeldet worden seien 123 Gebiete mit insgesamt 59.169 ha Landfläche entsprechend 3,75 %, 477.900 ha Meerfläche entsprechend 41,3 %, insgesamt also 536.800 ha entsprechend 19,6 %.

Im Vergleich der Mitgliedstaaten liege Deutschland in Bezug auf die Meldung von 6,4 % der Landesfläche bzw. 2,3 % der Meeresfläche im Mittelfeld.

Zur rechtlichen Sicherung der gemeldeten Gebiete innerhalb des Sechsjahreszeitraumes kündige sich Verzug an. Seit Meldung der zweiten Tranche seien 6 Naturschutzgebiete (Haseldorfer Binnenelbe, Ostufer Ratzeburger See, Rhinplate, Stecknitz-Delvenau-Niederung, Ammersbek-Niederung, Fockbeker Moor) ausgewiesen worden. Vor der Ausweisung stünden weitere sechs Naturschutzgebiete (Barker Heide, Hevenbruch, Twedter Feld, Suhrer See, Oberalsterniederung, Ritzerauer Hofsee).

Für mehrere Gebiete habe man den Abschluß freiwilliger Vereinbarungen vor. Störend wirkten sich hier die Vielzahl der einzubeziehenden Eigentümer aus. Die Zuständigkeit für freiwillige Vereinbarungen liege bei den staatlichen Umweltämtern.

Für das Ministerium sei klar, daß wenn in diesen Fällen letztlich kein Vertrag zustande komme, hoheitlicher Schutz folge.

Anläßlich der Seminare seien Defizite auch örtlich lokalisiert worden. Vom ETC seien Karten gezeigt worden, die den Teilnehmerstaaten aber nicht zur Verfügung gestellt worden seien. In diesen Karten sei das vom ETC vermutete Vorkommen von Lebensraumtypen und Arten mit den tatsächlich erfolgten Meldungen verglichen worden.

Für ganz Deutschland gelte, daß in der Atlantischen Biogeographischen Region 64 Lebensraumtypen vorkämen. Davon seien für 25 Lebensraumtypen die Meldungen ungenügend. Hinsichtlich der Arten kämen in der Altantischen Biogeographischen Region 50 vor. Für 22 davon seien die Gebietsmeldungen ungenügend.

Daraus würde sich ein Flächenumfang der dritten Tranche von etwa 1/3 der bisherigen Meldungen, also rund 180.000 ha Land- und Meerfläche ergeben.

Die Europäische Kommission wolle den Entwurf der Liste der Gebiete von gemeinschaftlichen Bedeutung für die Atlantische Biogeographische Region Anfang 2003 vorlegen. Die Liste solle Ostern 2003 verabschiedet und anschließend im Amtsblatt veröffentlicht werden.

Für die Kontinentale Biogeographische Region sehe die Europäische Kommission den Listenentwurf für Oktober 2002 vor.

Für das MUNF sei klar, daß dieser Zeitplan nicht zu halten sei.

Grundlage für das Verfahren zur Herstellung des Einvernehmens nach Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 1 FFH-RL sei das Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBLG) vom 12.03.1993. In diesem Verfahren der Herstellung des Einvernehmens komme es aber erst zu dem Entwurf der von der Kommission angefertigten Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung.

In diesem Verfahren befinde man sich zur Zeit nicht. Es sei klarzustellen, daß die dritte Tranche ein Verfahren i.S.v. Abs. 1 des Art. 4 FFH-RL sei, zu dem der Europäische Gerichtshof in dem gegen die Bundesrepublik Deutschland ergangenen Vertragsverletzungsurteil vom 11.09.2001 (C 71/79; Abs. 26) klargestellt habe, daß die Mitgliedstaaten beim Vorschlag von Gebieten zwar über einen gewissen Ermessensspielraum verfügen, jedoch die in der Richtlinie festgelegten Kriterien zu beachten hätten.

Zur Referenzliste sei das Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz hergestellt. Innerhalb der Länder sei hierzu noch kein abgestimmter Standpunkt vorhanden. Inwieweit die Mängelliste fachlich korrekt sei, sei offen.

Die Mängelliste sei grundsätzlich auf der sog. 20/60 - Regelung aufgebaut. Seien bei Lebensraumtypen bis 20 % des Gesamtvorkommens im Mitgliedstaat gemeldet, geht die Kommission von einer ungenügenden Meldung aus. Seien 20 % - 60 % des Gesamtvorkommens gemeldet, bestehe Diskussionsbedarf und sei eine Einzelfallprüfung angebracht. Seien über 60 % des Vorkommens gemeldet, betrachtet die Kommission die Meldung als ausreichend.

Anmerkung:

Mit dieser Regelung wird als Bezugspunkt ausschließlich das Vorkommen zugrundegelegt. Zu überprüfen ist, auf welcher Grundlage die beim ETC herangezogenen Daten zum Vorkommen beruhen. Außerdem beachtet die 20/60 - Regelung nicht, daß nicht nur anhand des Vorkommens, sondern vielmehr maßgeblich auch anhand der Unterkriterien Repräsentativität, Größe und Erhaltungszustand aus Anhang III Phase 1 FFH-RL ausgewählt wird und daß die Beurteilung dieser Unterkriterien anerkanntermaßen Sache der Mitgliedstaaten ist.

Aus den Mängellisten des ETC gehe nicht hervor, wie der Nachmeldebedarf innerstaatlich auf die einzelnen Bundesländer aufzuteilen sei. Hierzu gebe es auch noch keine Stellungnahme des BfN.

Es sei allerdings eine Koordination zwischen den Bundesländern der Atlantischen Biogeographischen Region erfolgt, also zwischen Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein (auch NRW).

Grundlage dieser Koordination seien Hinweise aus der Mängelliste gewesen. Genaueres wurde trotz Nachfrage nicht zur Auskunft gegeben.

Unser Arbeitskreis wird die Koordination zwischen den atlantischen Ländern auf der Grundlage des UIG ermitteln.

Die Landesregierung habe beschlossen, die Nachmeldungen zu bündeln, d.h. diejenigen für die Atlantische und für die Kontinentale Biogeographische Region zusammenzufassen und zwar erst nach Vorliegen der ETC-Referenz- und Mängellisten für die Kontinentale Region, was für Dezember 2002 erwartet werde.

Erst dann werde es auch die Öffentlichkeitsbeteiligung geben in deren Rahmen man sich diesmal für eine Auslegung in den Ämtern entschieden habe, so also, wie es zu diesem späteren Zeitpunkt der Rechtslage entspreche (offenbar wird auf die Verabschiedung des Landesartikelgesetzes bis dahin gesetzt).

Es sei damit zu rechnen, daß Ende Mai 2003 die von der zweiten Tranche bekannten Kurzgutachten und Karten vorlägen.

Schon jetzt sei erkennbar, daß es einen erheblichen Nachmeldebedarf insbesondere in den Wäldern gebe. Hier versuche das Land wie gehabt die Belastungen des Privatwaldes möglichst gering zu halten. Vorrangig würden Flächen aus dem Landeswald gemeldet. In zweiter Linie seien Flächen aus geplanten und schon ausgewiesenen Naturschutzgebieten heranzuziehen. Man prüfe auch, inwieweit durch Nachträge in den schon gemeldeten Standarddatenbögen der ersten und zweiten Tranche der Meldebedarf gedeckt werden kann.

Die näheren Einzelheiten seien in einem Aufsatz in Heft 1 der Zeitschrift Natur und Landschaft aus diesem Jahr veröffentlicht.

Das Land beabsichtige, eine Zwischennachricht an die Europäische Kommission zu senden, aus der sich ergebe, für welche Lebensraumtypen und Arten sich das Land in der Pflicht sehe. Diese werde den Verbänden zur Kenntnis gegeben. Möglicherweise verfahre die Europäische Kommission dann so, wie aus der im EU-Amtsblatt zwischenzeitlich schon veröffentlichten Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung in der Makaronesischen Region (Madeira, Azoren, Kanaren). Hier sei mit einer Vorbehaltsklausel für die Ergänzung eines einzelnen Lebensraumtyps (im Beispiel: Riffe) gearbeitet worden. Möglicherweise liege also ein Listungsentwurf nach Art. 4 Abs. 2 FFH-RL eher vor, als die Nachmeldungen aus Deutschland.

Auf Nachfrage wurde erklärt, man werde prüfen, ob eine erneute Beteiligung auch für diejenigen Gebiete der zweiten Tranche durchgeführt werde, deren Erhaltungsziele sich durch die Aufnahme neuer Lebensraumtypen und Arten in die Standarddatenbögen veränderten.

Es wurde zugesagt, die gezeigten Folien und Daten mit dem Protokoll der Veranstaltung an die Teilnehmer zu versenden.

Kiel, den 22.11.2002

gez. Dr. Giesen

Rundschreiben 10/2002