Anlage 2 zum Rundschreiben 2/2001

Rundschreiben 2/2001


Eckpunkte einer Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften (BNatSchGNeuregG)


 (Referenten-Entwurf - Stand: 2. Februar 2001)

Übersicht

I.

Allgemeine Vorbemerkung

1.

Kompetenz-verfassungsrechtliche Vorgaben

2.

Grundrechtliche Vorgaben

a.

Art. 14 GG

b.

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

II.

Was nicht zur Regelung vorgesehen ist, aber geregelt werden muß

1.

Abschied von salvatorischen Ausgleichs- und Entschädigungsregelungen                       

a.

Problem

b.

Lösung 

c.

Begründung

2.

Vorrang des Primärrechtschutzes

a.

Problem

b.

Lösung 

c.

Begründung

III.

Im einzelnen

1.

Zu Art. 1 BNatSchGNeuregG

a.

Zu § 1 - Verlust des anthropozentrischen Ansatzes?

b.

Zu § 2 Abs. 1 S. 1 - Ausbau der Abwägung

c.

Zu § 2 Abs. 1 Ziffer 1 - Integration statt  Seperatismus !

d.

Zu § 2 Abs. 1 allgemein - Ein fehlender Grundsatz

e.

Zu § 3 Abs. 2 - Biotopverbund

f.

Zu § 5 Abs. 2 - Erschwernisausgleich

g.

Zu § 5 Abs. 3 - Eine in Einzelheiten gehende Regelung i.S.v. Art. 75 Abs. 2 GG

h.

Zu § 8 - Vorrang für Vertragsnaturschutz

i.

Zu § 11 - Was will der Gesetzgeber anordnen?

j.

Zu § 12 Abs. 1 - Krake Bund

k.

Zu § 13 Abs. 1 Satz 2 - Abhängigkeit der Raumordnungsplanung von der Landschaftsplanung ?

l.

Zu § 14 Abs. 1 - Eine in Einzelheiten gehende Regelung i.S.v. Art. 75 Abs. 2 GG

m.

Zu § 14 Abs. 2 - Abwägungsvorrang zu § 7   Abs. 7 Satz 2 ROG ?

n.

Zu § 21 Abs. 3 Satz 2 - Fristenprivileg auch  für den Außenbereich

o.

Zu § 22 Abs. 2 Satz 2 - Flächenfressen

p.

Zu §§ 23 Abs. 1 Ziffer 1, 24 Abs. 1 Ziffer 3, 25 Abs. 1 Ziffer 3, 26 Abs. 1 Ziffer 1m 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 Ziffer 1 - Flächenkonkurrenz "Entwicklung"

q.

Zu § 29 Abs. 1 Ziffer 4 - Ausfüllungsfähig oder unbestimmt ?

r.

Zu § 30 Abs. 1 - Wirtschaftswald als gesetzlich geschütztes Biotop

s.

Zu § 31 Satz 1 - Mißglückt

t.

Zu § 40 Abs. 2 Satz 1 - Floren- und Faunenverfälschung

2.

Zu Art. 4 BNatSchGNeuregG - Längere Übergangsfrist

I. Allgemeine Vorbemerkung

Politischer Maßstab des vorgelegten Entwurfes ist seine Zweckmäßigkeit, rechtlicher Maßstab seine Verfassungsmäßigkeit. Die Verfassungsmäßigkeit muß in formeller wie materieller Hinsicht vorliegen, d.h. der Entwurf muß insbesondere mit den Kompetenzvorschriften (1.) und den Grundrechten (2.) vereinbar sein.

  1. Kompetenzverfassungsrechtliche Vorgaben

Die Zuständigkeit des Bundes beruht auf Art. 75 GG. Er lautet:

"(1)  Der Bund hat das Recht, unter den Voraussetzungen des Art. 72 Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder zu erlassen über:

  ...

3. ..., den Naturschutz und die Landschaftspflege;

...

Art. 72 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2)   Rahmenvorschriften dürfen nur in Ausnahmefällen in Einzelheiten gehende oder unmittelbar geltende Regelungen enthalten.

(3)   Erläßt der Bund Rahmenvorschriften, so sind die Länder verpflichtet, innerhalb einer durch das Gesetz bestimmten angemessenen Frist die erforderlichen Landesgesetze zu erlassen".

Der in Bezug genommene Art. 72 GG lautet:

"(1)   Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2)   Der Bund hat in diesem Bereich das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3)   Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit i.S. des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann".

Sowohl die doppelte Inbezugnahme des Art. 72 im Absatz 1 des Artikels 75 als auch die Regelung in Absatz 2 des Artikels 75 sind erst im Jahre 1994 in das Grundgesetz genommen worden. Die Vorschriften sind auf Anregung der gemeinsamen Verfassungskommission von Bundesrat und Bundestag formuliert worden und haben ausdrücklich zum Ziel, die Bundeszuständigkeit zu beschränken, die Länderzuständigkeiten zu stärken und die bis dahin in der Auslegung zu Gunsten des Bundes sehr großzügige Praxis zu reformieren.

Dieser Hintergrund erfordert bei jeder Vorschrift des BNatSchGNeuregG eine sehr sorgfältige Prüfung, ob und inwieweit insbesondere die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht (Art. 72 Abs. 2 GG).

In Anbetracht der Neuformulierung der verfassungsrechtlichen Vorgaben im Jahre 1994 darf insbesondere nicht der bisherige Bestand des Bundesnaturschutzgesetzes ungeprüft übernommen werden, denn er stammt aus einer Zeit, da die grundgesetzliche Kompetenzverteilung zu Gunsten des Bundes sehr viel großzügiger war.

  1. Grundrechtliche Vorgaben

Maßstab in grundrechtlicher Hinsicht ist insbesondere Art. 14 GG.

  1. Art. 14 GG

Er lautet:

"(1)   Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2)   Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3)   Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durchgesetzt oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen".

  1. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes

Das Bundesverfassungsgericht legt diese Vorschrift wie folgt aus; die zitierten Sätze sind der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 02.03.1999, 1 BvL 7/91, entnommen:

  • Mit der Enteignung greift der Staat auf das Eigentum des Einzelnen zu. Sie ist darauf gerichtet, konkrete Rechtspositionen, die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sind, zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben vollständig oder teilweise zu entziehen. Dies geschieht entweder durch ein Gesetz, das einem bestimmten Personenkreis konkrete Eigentumsrechte nimmt - Legalenteignung -, oder durch behördlichen Vollzugsakt aufgrund gesetzlicher Ermächtigung zu einem solchen Zugriff - Administrativenteignung -.

(Eingriffe, die nicht Enteignung sind, sind Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums; d. Verf.)

  • Diese Einordnung der Norm ist von der Intensität der den Rechtsinhaber treffenden Belastung unabhängig. Sie behält ihre Gültigkeit selbst in den Fällen, in denen der Eingriff in seinen Auswirkungen für den Betroffenen einer Enteignung nahe- oder gleichkommt.

  • Der Gesetzgeber muß bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums i.S. von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Er muß sich dabei im Einklang mit allen anderen Verfassungsnormen halten; insbesondere ist er an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Das Wohl der Allgemeinheit ist nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die dem Eigentum aufzuerlegenden Belastungen. Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse dürfen nicht weiter gehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient. Der Kernbereich der Eigentumsgarantie darf dabei nicht ausgehöhlt werden. Zu diesem gehört sowohl die Privatnützigkeit, also die Zuordnung des Eigentumsobjekts zu einem Rechtsträger, dem es als Grundlage privater Initiative von Nutzen sein soll, als auch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand.

  • Der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers sind unterschiedliche Schranken gezogen. Soweit das Eigentum die persönliche Freiheit des Einzelnen im vermögensrechtlichen Bereich sichert, genießt es einen besonders ausgeprägten Schutz. Demgegenüber ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers umso größer, je stärker der soziale Bezug des Eigentumsobjekts ist; hierfür sind dessen Eigenart und Funktion von entscheidender Bedeutung.

  • Überschreitet der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums die dargelegten Grenzen, so ist die gesetzliche Regelung unwirksam, hierauf gestützte Beschränkungen oder Belastungen sind rechtswidrig und können im Wege des Primärrechtsschutzes abgewehrt werden.

  • Inhalts- und Schrankenbestimmungen, die für sich genommen unzumutbar wären, aber vom Gesetzgeber mit Ausgleichsmaßnahmen verbunden sind, können ausnahmsweise mit Art. 14 Abs. 1 GG im Einklang stehen.

  • Ausgleichsregelungen sind freilich nicht generell ein verfassungsrechtlich zulässiges Mittel, unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkungen mit Art. 14 Abs. 1 GG in Einklang zu bringen. Normen, die Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmen, müssen grundsätzlich auch ohne Ausgleichsregelung die Substanz des Eigentums wahren und dem Gleichheitsgebot entsprechen.

  • Ausgleichsregelungen im Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers.

  • Ausgleichsregelungen, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in besonderen Härtefällen wahren sollen, sind unzulänglich, wenn sie sich darauf beschränken, dem Betroffenen einen Entschädigungsanspruch in Geld zuzubilligen. Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verlangt, daß in erster Linie Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real vermeiden und die Privatnützigkeit des Eigentums soweit wie möglich erhalten. Als Instrumente stehen dem Gesetzgeber hierfür Übergangsregelungen, Ausnahme- und Befreiungsvorschriften sowie der Einsatz sonstiger administrativer und technischer Vorkehrungen zur Verfügung.

  • Der Gesetzgeber hat seine materiell-rechtlichen Ausgleichsregelungen deshalb durch verwaltungsverfahrensrechtliche Vorschriften zu ergänzen, die sicherstellen, daß mit einem die Eigentumsbeschränkungen aktualisierenden Verwaltungsakt zugleich über einen dem belasteten Eigentümer ggf. zu gewährenden Ausgleich entschieden wird; bei finanzieller Kompensation ist zumindest dem Grunde nach über das Bestehen des Anspruchs zu entscheiden".

II. Was nicht zur Regelung vorgesehen ist, aber geregelt werden muß

  1. Abschied von salvatorischen Ausgleichs- und Entschädigungsregelungen

  1. Problem

Das Naturschutzrecht ist derzeit noch geprägt von salvatorischen Ausgleichs- und Entschädigungsregelungen; d.h. Vorschriften, die Ausgleich oder Entschädigung nicht zugleich mit der Aktualisierung der Eigentumsbeschränkung gewähren, sondern - wenn überhaupt - nach einem gesonderten Verfahren. Beispiel: Eine Naturschutzverordnung enthält ein Verbot für jegliche Forstwirtschaft (sog. "Null-Nutzung"), regelt aber den Entschädigungsanspruch weder der Höhe noch dem Grunde nach und das jeweilige Landesnaturschutzgesetz verweist den Waldbesitzer auf den Zivilrechtsweg. Das ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes verfassungswidrig.

  1. Lösung

Es wird vorgeschlagen, im systematischen Zusammenhang des vierten Abschnittes ("Schutz, Pflege und Entwicklung bestimmter Teile von Natur und Landschaft") folgende Regelung zu formulieren:

"Das Landesrecht gewährt einen finanziellen Ausgleich, wenn zum Schutze, zur Pflege oder zur Entwicklung bestimmter Teile von Natur und Landschaft

  1. eine bisher rechtmäßig ausgeübte Nutzung nicht mehr fortgesetzt werden darf oder

  2. eine noch nicht ausgeübte Nutzung, die sich nach Lage und Beschaffenheit des Grundstücks objektiv anbietet oder auf die der Eigentümer sonst einen Rechtsanspruch hat, unterbunden wird und hierdurch die wirtschaftliche Nutzbarkeit des Grundstücks nicht nur unwesentlich beschränkt wird. Über den Ausgleich ist zugleich mit der Beschränkung zu entscheiden."

  1. Begründung

Die vorgeschlagene Regelung hat zum Ziel, den Gesetzgeber der Länder zur nichtsalvatorischen Regelung von Entschädigungs- oder Ausgleichsansprüchen anzuhalten. Eine "in Einzelheiten gehende oder unmittelbar geltende Regelung" im Sinne von Art. 75 Abs. 2 GG wird mit der vorgeschlagenen Regelung nicht getroffen. Eine nähere Begründung zum Vorliegen eines Ausnahmefalles i.S. von Art. 75 Abs. 2 GG erübrigt sich.

Die Formulierung ist eingangs nicht rein deskriptiv, sondern enthält einen Auftrag an die Länder ohne die sprachlich unschöne Wendung "Die Länder erlassen Vorschriften über ..." zu verwendenden. Mit dieser weiten Formulierung ist zum einen die rahmenrechtliche Ausfüllungsfähigkeit gewährleistet, zum anderen wird dem Einwand begegnet, eine solche Regelung sei wegen ihrer Kostenfolgen für die Länder zustimmungsbedürftig.

Die Ausfüllung des mit der vorgeschlagenen Regelung gesetzten Rahmens ist in verschiedener Weise denkbar. So, wie die Länder verbreitet typisierende Regelbeispiele für Eingriffe normiert haben und nach § 18 Abs. 4 Satz 3 BNatSchGNeuregG auch weiterhin normieren dürfen, können sie auch typisierende Regelbeispiele für die Bemessung von Entschädigungs- oder Ausgleichsbeträgen normieren, etwa durch Rahmensätze, Mindestbeträge etc. Aufgrund der vorgeschlagenen Neuregelung zwingend ist dies jedoch nicht. Die vorgeschlagene Neuregelung soll im Ergebnis gewährleisten, daß "die Verwaltung bei der Aktualisierung der Eigentumsbeschränkung zugleich über den ggf. erforderlichen Ausgleich zumindest dem Grunde nach entscheidet" (BVerfG, a.a.O., S. 29 des Umdrucks).

Bei der vorgeschlagenen Rahmenvorschrift handelt es sich nicht um ein Bundesgesetz, das Geldleistungen gewährt im Sinne von Art. 104 a) Abs. 3 Satz 1 GG. Sie ist deshalb nicht zustimmungsbedürftig. Vielmehr wird die Geldleistung erst aufgrund der rahmenausfüllenden Regelung des Landesgesetzgebers von den Behörden des Landes gewährt, d.h. festgesetzt und ausgezahlt.

Bei der vorgeschlagenen Rahmenvorschrift handelt es sich auch nicht um eine Regelung auf dem Gebiet der Staatshaftung, die nach Art. 74 Abs. 2 GG zustimmungsbedürftig wäre. Art. 74 Abs. 1 Nr. 25 GG betrifft mit dem Tatbestandsmerkmal "Staatshaftung" nur die Haftung öffentlich-rechtlicher Körperschaften für rechtswidriges Handeln, nicht aber Ausgleichs- und Entschädigungsansprüche, die rechtmäßiges Handeln voraussetzen (vgl. Degenhardt, in: Sachs, Grundgesetz - Kommentar, 2. Auflage, Art. 74 Rz. 93 - 95).

Wegen des Grundsatzes des Primärrechtsschutzes muß bekanntlich jeder Eigentümer, der eine ihn treffende "Aktualisierung der Eigentumsbeschränkung" für rechtswidrig hält, zunächst dagegen den Verwaltungsrechtsweg beschreiten. Versäumt er dies, so kann er eine Entschädigung auch als Ausgleich im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht mehr einfordern (BVerfG, a.a.O, S. 29 des Umdrucks). Der Betroffene muß sich entscheiden, ob er den die Eigentumsbeschränkung aktualisierenden Eingriffsakt hinnehmen oder anfechten will. Diese Entscheidung kann er sinnvoll nur treffen wenn er weiß, ob ihm ein Ausgleich (auch in Geld) zusteht. Es ist dem Betroffenen nicht zuzumuten, eine aktualisierte Eigentumsbeschränkung, die er für unvereinbar mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes hält, in der unsicheren Erwartung eines nachträglich in einem anderen Verfahren zu bewilligenden Ausgleichs bestandskräftig oder unanfechtbar werden zu lassen. Auch die Verwaltungsgerichte müssen, um die Rechtmäßigkeit eines in Eigentumspositionen eingreifenden Verwaltungsaktes abschließend beurteilen zu können, wissen, ob und in welcher Weise eine anderenfalls unzumutbare Belastung ausgeglichen wird (BVerfG, a.a.O., S. 30 des Umdrucks).

Die vorgeschlagenen Neuregelungen sind sinnvoll nur neben § 5 Abs. 2 BNatSchGNeuregG.

  1. Vorrang des Primärrechtsschutzes

  1. Problem

Nun trifft nicht jede Aktualisierung einer Eigentumsbeschränkung den Eigentümer direkt finanziell, weshalb eine Kompensation in Geld nicht in jedem Falle einen angemessenen Ausgleich erbringen kann. In Fällen, in denen die Aktualisierung einer Eigentumsbeschränkung den Eigentümer nicht finanziell, sondern immateriell unverhältnismäßig treffen würde, wird vorrangig ein Ausgleich durch verwaltungsverfahrensrechtliche Vorschriften in Betracht kommen. Es handelt sich systematisch um Regelungen, die Primärrechtsschutz gewähren. Als Instrumente stehen dem Gesetzgeber hierfür Übergangsregelungen, Ausnahme- und Befreiungsvorschriften sowie der Einsatz sonstiger administrativer und technischer Vorkehrungen zur Verfügung (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 28 des Umdrucks).

Die - auch nur indirekte - Vorgabe solcher verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften durch den Bundesgesetzgeber hätte jedoch nach Art. 84 Abs. 1 GG wohl die von der Regierungskoalition nicht gewünschte Zustimmungsbedürftigkeit des BNatSchGNeuregG zur Folge. Der Rahmengesetzgeber ist deshalb auf materiell-rechtliche Vorgaben verwiesen.

  1. Lösung

Im systematischen Zusammenhang zum vierten Abschnitt, etwa als § 22 Abs. 5, sollte folgendes geregelt werden:

"Die Länder stellen sicher, daß zugleich mit der Schutzerklärung Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real vermeiden und die Privatnützigkeit des Eigentums soweit wie möglich erhalten".

  1. Begründung

Vorschriften, aus denen sich eine Zustimmungsbedürftigkeit dieses Vorschlages ergeben könnten, sind nicht ersichtlich. Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen nur solche Gesetze, für die dieses Erfordernis im Grundgesetz ausdrücklich aufgeführt ist. Sofern das Grundgesetz die Zustimmungsbedürftigkeit nicht ausdrücklich normiert, liegt lediglich ein Einspruchsgesetz vor. Folgende Normen des Grundgesetzes normieren die Zustimmungsbedürftigkeit:

Art. 16 a) Abs. 1 Satz 2

Art. 106 Abs. 4 Satz 2

Art. 16 a) Abs. 3 Satz 1 

Art. 106 Abs. 5

Art. 23 Abs. 1 Satz 2

Art. 106 Abs. 6 Satz 5

Art. 23 Abs. 7

Art. 106 a) Satz 2

Art. 29 Abs. 7                        

Art. 107 Abs. 1 Satz 2

Art. 74 Abs. 2                        

Art. 108 Abs. 2 Satz 2

Art. 74 a) Abs. 2 - 4

Art. 108 Abs. 4 Satz 1

Art. 79 Abs. 2   

Art. 108 Abs. 5 Satz 2

Art. 84 Abs. 1   

Art. 109 Abs. 3 und 4

Art. 84 Abs. 5 Satz 1   

Art. 115 c) Abs. 1 Satz 2

Art. 85 Abs. 1   

Art. 115 c) Abs. 3

Art. 87 Abs. 3 Satz 2 

Art. 115 k) Abs. 3 Satz 2

Art. 87 b) Abs. 1 Sätze 3 und 4 

Art. 115 l) Abs. 1 Satz 1

Art. 87 b) Abs. 2 

Art. 115 l) Abs. 2 Satz 1

Art. 87 c)      

Art. 120 a) Abs. 1 Satz 1

Art. 87 d) Abs. 2         

Art. 134 Abs. 4

Art. 87 e) Abs. 5            

Art. 135 Abs. 5

Art. 87 f) Abs. 1           

Art. 135 a)

Art. 91 a) Abs. 2   

Art. 143 a) Abs. 3 Satz 3

Art. 96 Abs. 5      

Art. 143 b) Abs. 2 Satz 3

Art. 104 a) Abs. 3 Satz 3

Art. 104 a) Abs. 4 Satz 2

Art. 104 a) Abs. 5 Satz 2

Art. 105 Abs. 3

Art. 106 Abs. 3 Satz 3

Andere eine Zustimmungsbedürftigkeit regelnde Vorschriften als die, deren Einhaltung durch die vorgeschlagene Neuregelung vorstehend nachgewiesen wird (Art. 74 Abs. 2, Art. 84 Abs. 1, Art. 104 a) Abs. 3 Satz 3 GG) kommen nicht in Betracht.

Die Formulierung der Vorschrift nimmt im übrigen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes auf.

III. Im einzelnen

  1. Zu Art. 1 BNatSchNeuregG

  1. Zu § 1 - Verlust des anthropozentrischen Ansatzes ?

Die Formulierung der Neuregelung und die Gesetzesbegründung vermeiden eine offene Festlegung, ob die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege nach wie vor anthropozentrisch sind. Zwar wird gegenüber dem geltenden § 1 Abs. 1 auf die Wendung "als Lebensgrundlagen des Menschen und als Voraussetzung für seine Erholung" verzichtet, Ziffer 1 um das Tatbestandsmerkmal "Funktionsfähigkeit", Ziffer 2 um das Tatbestandsmerkmal "Regenerationsfähigkeit und nachhaltige Nutzungsfähigkeit", Ziffer 3 um das Tatbestandsmerkmal "einschließlich ihrer Lebensstätten und Lebensräume" sowie Ziffer 4 um den "Erholungswert von Natur und Landschaft" ergänzt, was als ökozentrischer Ansatz gewertet werden könnte. Doch greift die Einleitung die Formulierung des neuen Art. 20 a) GG auf: "Auch in Verantwortung für die künftigen Generationen". Art. 20 a) GG verfolgt gerade einen anthropozentrischen Ansatz (vgl. dazu Bundestagsdrucksache 12/6000, S. 65 - 68), der mit der Übernahme der Formulierung damit letztlich auch in § 1 BNatSchGNeuregG verankert wird.

Ein anthropozentrischer Ansatz besagt zweierlei: Zum einen stellt er schlicht fest, daß die Belange der Natur nur unter dem Vorbehalt menschlicher Erkenntnisfähigkeit zu ermitteln sind. Zum anderen bekennt er als den Mittelpunkt jedes menschlichen Handels den Menschen und seine Belange selbst.

Es wird deshalb dafür plädiert, kein Scheingefecht um die Frage des anthropozentrischen Ansatzes zu führen, sondern in der Gesetzesbegründung schlicht klar zu stellen, daß er auch durch das neu formulierte Ziel inhaltlich voll verfolgt wird. Insoweit bedürfen die Ausführungen Seiten 18/19 der Begründung der Klarstellung.

  1. Zu § 2 Abs. 1 Satz 1 - Ausbau der Abwägung

Der Entwurf vom Stand Juli 2000 kannte gar keine Abwägungsklausel. Der überarbeitete Referentenentwurf scheint eine Abwägungsklausel zu enthalten (§ 2 Abs. 1 nach "soweit ..."). Die Klausel ist jedoch unzureichend. Aufgrund ihres systematischen Standortes bezieht sie sich zum einen nur auf die Abwägung zwischen den verschiedenen Grundsätzen des § 2 Abs. 1. Zum anderen beschränkt sie sich auf die Abwägung von Anforderungen der Allgemeinheit.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind jedoch in jeder Abwägung ausdrücklich auch private Belange einzubeziehen (BVerfG, a.a.o., S. 21/22 des Umdruckes):

"Der Gesetzgeber muß bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 GG die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Allgemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen".

Deshalb darf sich ein Abwägungsgebot nicht nur auf eine Abwägung der Belange von Natur und Landschaft mit sonstigen öffentlichen Belangen beschränken. Es muß aus § 2 herausgelöst werden und könnte als § 1 Abs. 2 etwa lauten wie folgt:

"Bei Schutz, Pflege, Entwicklung und Wiederherstellung im Sinne dieses Gesetzes sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen".

Die Formulierung der vorgeschlagenen Neuregelung orientiert sich an § 1 Abs. 6 BauGB, der eine entsprechende Abwägung für die Aufstellung von Bauleitplänen vorgibt. Verankert wird ein subjektives Recht auf Abwägung, das wegen der seit dem 6. VwGO-Änderungsgesetz eingeschränkte Normenkontrollmöglichkeit bei Schutzverordnungen etc. notwendig wird. § 47 VwGO ließ früher für die Klagebefugnis einen "Nachteil" ausreichen; die Vorschrift setzt heute voraus, daß der Antragsteller geltend macht, in seinem, einem subjektiven Recht verletzt zu sein. Weil häufig Maßnahmen des Naturschutzes in der Form der Rechtsverordnung ergehen, muß deshalb ein subjektives Recht auf Abwägung Justiziabilität gewährleisten.

Der Regelung einer Abwägungspflicht kann nicht das Argument entgegengehalten werden, eine Abwägung sei in den Fachplanungsgesetzen regelmäßig vorgesehen, so daß die Belange von Natur und Landschaft nicht durch eine "Abwägung vor der Abwägung" geschwächt werden dürften. Der überwiegende Teil der Vorschriften des BNatSchGNeuregG und die zu seiner Ausfüllung ergehenden Ländervorschriften münden ja nicht in Fachplanung, sondern stellen eigenständige Maßnahmen dar. Das Naturschutzrecht darf bei deren Umsetzung nicht blind vor vorgefundenen Nutzungssituationen und konkurrierenden Raumansprüchen sein.

  1.  Zu § 2 Abs. 1 Ziffer 1 - Integration statt Seperatismus !

Die Zielvorgabe auf den "besiedelten und unbesiedelten Bereich" schließt eine Beschränkung der Sicherung des Naturhaushaltes auf seine "räumlich abgrenzbaren Teile" aus. Die Einrichtung von Schutzgebieten in "räumlich abgrenzbaren Teilen" ist als Deckmäntelchen für die Beruhigung des ökologischen Gewissens nicht geeignet. Vielmehr kommt es auf eine versöhnende Integration der Sicherung des Naturhaushaltes in die Bewirtschaftung der Naturgüter an - und dies dann durchaus flächendeckend.

  1. Zu § 2 Abs. 1 allgemein - Ein fehlender Grundsatz

Es fehlt ein Grundsatz, der die landschaftsprägende Bedeutung agrarischer und forstlicher Bewirtschaftung als Maßgabe für die Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege nennt. Ein solcher Grundsatz könnte formuliert werden:

"Schutz, Pflege, Entwicklung und Wiederherstellung beachten die landschaftsprägende Bedeutung der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft".

  1.  Zu § 3 Abs. 2 - Biotopverbund

Die Entschärfung der Vorschrift im Vergleich zum Entwurf Juli 2000 wird begrüßt. Die Verwendung von "Biotopverbund" satt "Biotopverbundsystem" führt zu der begrüßenswerten Klarstellung, daß nicht das System, sondern der Biotopverbund Schutzgut ist. Positiv ist auch, daß nunmehr auch Landschaftsschutzgebiete in den Biotopverbund einbezogen werden können und zum Erreichen der vorgegebenen 10 % der Landesfläche beitragen können.

Problematisch bleibt die Sicherung des Biotopverbundes durch "planungsrechtliche Festlegungen" (§ 3 Abs. 4). Außerhalb von Bebauungsplänen und Landschaftsplänen einiger Bundesländer (NRW, HH) gibt es planungsrechtlich nur "Darstellungen". Bei den Bebauungsplänen und den erwähnten Landschaftsplänen gibt es "Festsetzungen". Planungsrechtliche "Festlegungen" laufen auf eine Zwittervorgabe hinaus, die hinsichtlich der Wirkungen auf den Grundstücksverkehr alle negativen Folgen haben wird, die auch Festsetzungen haben (Verkehrswertverluste etc.). Zumindest fraglich ist, ob die positiven Auswirkungen für die Natur durch "Festlegungen" erreicht werden, oder ob es hinsichtlich der Verbindlichkeit letztlich nicht doch bei "Darstellungen" bleibt.

Das "Sich-Einfügen" in den Biotopverbund jedenfalls muß Voraussetzung für weitere Schutzgebietsausweisungen sein und in § 22 entsprechend geregelt werden.

Schließlich muß eine wirksame Rückholklausel für den Fall vorgesehen werden, daß Vertragsnaturschutzflächen in den Biotopverbund "hineinwachsen" (dazu sogleich h)).

  1. Zu § 5 Abs. 2 - Erschwernisausgleich

§ 5 Abs. 2 BNatSchGNeuregG sieht einen Ausgleich für Bewirtschaftungsauflagen vor, die keine - auch nur partiellen - Nutzungsverbote sind und setzt deshalb unterhalb der Grenze an, an welcher die schlichte "Inhalts- und Schrankenbestimmung" in die "Ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung" umschlägt. Die Vorschrift ist unbedingt zu erhalten. Sie ergänzt die oben (II 1.) vorgeschlagene Ausgleichs- und Entschädigungsregelung.

  1. Zu § 5 Abs. 3 - Eine in Einzelheiten gehende Regelung i.S.v. Art. 75 Abs. 2 GG

Insbesondere Ziffer 4 ist eine verfassungsrechtlich bedenkliche "in Einzelheiten gehende Regelung", die ein Rahmengesetz nach Art. 75 Abs. 2 GG nur in Ausnahmefällen enthalten darf. Ein solcher Ausnahmefall wird durch die Gesetzesbegründung nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Ein Grünlandumbruch zur Neuansaat beispielsweise kann sehr wohl gute fachliche Praxis sein.

Hilfsweise wird vorgeschlagen, in § 5 Abs. 3 Satz 1 die Worte "der guten fachlichen Praxis" zu streichen, so daß der Satzteil lautet: "... insbesondere die folgenden Grundsätze zu beachten".

Der Vorschlag verhindert die Doppeldefinition der "guten fachlichen Praxis" sowohl in § 17 Abs. 2 BBodSchG als auch in § 5 Abs. 3 BNatSchGNeuregG.

  1. Zu § 8 - Vorrang für Vertragsnaturschutz

Eine Prüfungsvorgabe, die die hoheitlichen Befugnisse der Naturschutzbehörden unberührt läßt, ist bereits in einigen Landesnaturschutzgesetzen enthalten (§ 2 Abs. 2 LNatSchG S-H, § 3 Abs. 2 LNatG M-V). Diese Vorgaben haben in der Praxis keinerlei Wirkung gezeigt. In Fällen, in denen die Ausweisung eines Schutzgebietes beispielsweise politisch gewollt ist, ist bislang noch nie die Möglichkeit von Vertragsnaturschutz geprüft, geschweige denn eine solche Prüfung aktenkundig gemacht worden. Wer mit dem Allgemeinplatz "Naturschutz nur mit den Menschen, nicht gegen sie" ernst machen will, sollte folgende Formulierung wählen:

"Die Länder stellen sicher, daß einseitig-hoheitliche Naturschutzmaßnahmen unterbleiben, wenn der Zweck auch durch vertragliche Vereinbarungen erreicht werden kann".

Außerdem muß eine wirksame Rückholklausel verankert werden. Vertragsnaturschutz würde unattraktiv, wenn Eigentümer befürchten müssen, daß Vertragsnaturschutz der erste Schritt zum Flächenverlust ist, etwa weil die Grundstücke durch Zeitablauf zum gesetzlich geschützten Biotop werden. Es könnte formuliert werden:

"Soweit nach Ablauf einer vertraglichen Vereinbarung Rechtsvorschriften einer Nutzung entgegenstehen und keine Ausnahme gestattet werden kann, ist angemessene Entschädigung in Geld zu leisten oder das Grundstück nach Wahl des Eigentümers ganz oder teilweise zu übernehmen. Die Entschädigung bemißt sich nach dem Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks vor Abschluß der vertraglichen Vereinbarung und seinem Wert, der sich infolge der entgegenstehenden Rechtsvorschriften ergibt. Im Falle der Übernahme bemißt sich die Gegenleistung nach dem Verkehrswert zum Zeitpunkt des Abschlusses der vertraglichen Vereinbarung".

Der Formulierungsvorschlag berücksichtigt die verfassungsrechtlich gebotene, vorrangige Prüfung von Ausnahmen und orientiert sich im übrigen an § 42 Abs. 2 u. 3 BauGB.

  1. Zu § 11 - Was will der Gesetzgeber anordnen ?

Die Formulierung der Vorschrift vermeidet das auszudrücken, was eigentlich gewollt ist, nämlich die ausnahmsweise, ausdrückliche Anordnung unmittelbarer Geltung. Es wird nur das vor dem Hintergrund des Art. 75 Abs. 1 Ziffer 3 GG Selbstverständliche wiederholt, daß nämlich die Vorschriften des BNatSchG grundsätzlich Rahmenvorschriften für die Landesgesetzgebung sind.

Insbesondere ist unverständlich, warum die geltende Länderverpflichtung des § 4 Satz 2 BNatSchG aufgegeben wird, geeignete Entschädigungsregelungen zu erlassen. Die Gesetzesbegründung überzeugt überhaupt nicht. Selbstverständlich erfordert die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet und die Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine eigentumsschützende Verpflichtung auf den Erlaß "geeigneter Entschädigungsregelungen".

  1. Zu § 12 Abs. 1 - Krake Bund

Die ökologische Umweltbeobachtung ist nicht Aufgabe des Bundes. Sie ist nach Art. 83 GG eigene Angelegenheit der Länder. Auch eine Annexkompetenz besteht nicht. Eine "koordinierende Funk-tion" wahrzunehmen - wie es in der Gesetzesbegründung heißt -, ist ebenfalls eigene Angelegenheit der Länder und keine Aufgabe des Bundes.

Auch die "nationale Bewertung" der FFH-Gebietsvorschläge ist ja nicht Aufgabe des Bundes, sondern eigene Angelegenheit der Länder.

  1. Zu § 13 Abs. 1 Satz 2 - Abhängigkeit der Raumordnungsplanung von der Landschaftsplanung ?

Nach geltender Rechtslage ist die Landschaftsplanung der Raumordnungsplanung nachgelagert; sowohl für die Darstellungen in den Landschaftsprogrammen und Landschaftsrahmenplänen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz BNatSchG) als auch für die Darstellungen in den Landschaftsplänen (§ 6 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz BNatSchG) gilt, daß diese die Ziele der Raumordnung zu beachten haben. Der geplante § 13 Abs. 1 Satz 2 hat die entgegengesetzte Stoßrichtung: Nicht die Landschaftsplanung folgt der Raumordnungsplanung, sondern die Raumordnungsplanung folgt der Landschaftsplanung. Ja mehr noch, die Landschaftsplanung dient der Verwirklichung der Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege auch in den (in allen) Planungen und Verwaltungsverfahren, deren Entscheidungen sich auf Natur und Landschaft im Planungsraum auswirken können.

Erst im Jahre 1997 ist nach langem, zähen Ringen ein neues Raumordnungsgesetz (ROG) in Kraft getreten, das mit ausgewogenen Grundsätzen eine "Querschnittsplanung" gewährleisten soll. Diese Querschnittsplanung geht verloren, wenn einzelne Grundsätze der Raumordnung (vgl. § 2 Abs. 2 ROG) nun über § 13 Abs. 1 Satz 2 besonderes Gewicht erhalten. Ein planungsrechtlicher Vorrang des Naturschutzes hätte gesamtwirtschaftlich verheerende Folgen.

§ 13 Abs. 1 Satz 2 ist ersatzlos zu streichen.

Völlig überflüssig sind im übrigen auch §§ 12 Abs. 5, 13 Abs. 2, 18 Abs. 5, 19 Abs. 4. Daß die Länder weitere Vorschriften erlassen können, ist selbstverständlich und ergibt sich bereits aus dem Begriff des Rahmengesetzes.

  1. Zu § 14 Abs. 1 - Eine in Einzelheiten gehende Regelung i.S.v. Art. 75 Abs. 2 GG

Schon der geltende, zurückhaltendere § 6 Abs. 2 BNatSchG wäre nach dem neuen Art 75 Abs. 2 GG nicht unproblemtisch. § 14 Abs. 1 Satz 2 BNatSchGNeuregG geht über diese Vorschrift aber weit hinaus und regelt noch mehr Einzelheiten. Eine verfassungsrechtlich erforderliche Darlegung des Ausnahmefalles bleibt die Begründung schuldig.

  1. Zu § 14 Abs. 2 - Abwägungsvorrang zu § 7 Abs. 7 Satz 2 ROG ?

§ 7 Abs. 7 ROG schreibt für die Aufstellung der Raumordnungspläne vor, daß die Grundsätze der Raumordnung gegeneinander und untereinander abzuwägen sind. Sonstige öffentliche Belange sowie private Belange sind in der Abwägung zu berücksichtigen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind.

Diese Berücksichtigungspflicht wird nun überlagert und verstärkend verdoppelt durch die Berücksichtigungspflicht für die Inhalte der Landschaftsplanung. Damit wird letztlich das Abwägungsgebot des § 7 Abs. 7 Satz 1 ROG ausgehebelt. Wieder "Naturschutz pur" statt ausgewogener Querschnittsplanung.

  1. Zu § 21 Abs. 3 Satz 2 - Fristenprivileg auch für den Außenbereich

§ 21 entspricht zwar wortgleich dem bisherigen § 8 a), die Novellierung wäre aber ein guter Anlaß, das Fristenprivileg des § 8 a) Abs. 3 Satz 2 BNatSchG auch auf den Außenbereich zu erweitern. Es ist nicht ersichtlich, warum nur Trägern von Vorhaben im Innenbereich, nicht aber Trägern von Vorhaben im Außenbereich der Vorteil eines zügigen Verwaltungsverfahrens zugute kommen soll. Andererseits dürfte auch dem Naturschutz im Außenbereich an raschen Entscheidungen gelegen sein. Es wird deshalb vorgeschlagen, § 31 Abs. 3 Satz 2 wie folgt einzuleiten:

"Äußert sich in den Fällen der §§ 34 und 35 Abs. 1 und 4 des Baugesetzbuchs die für ...".

  1. Zu § 22 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 - Flächenfressen

Die Vorschrift erlaubt eine Einbeziehung der Umgebung des Schutzgegenstandes. Sie erlangt erhebliche Bedeutung etwa bei FFH-Gebieten. Von der Möglichkeit, Umgebung zum Schutz oder zur Arrondierung einzubeziehen, ist bei fast allen FFH-Gebietsvorschlägen Gebrauch gemacht worden.

Werden nun mit einem solchen Zuschnitt gelistete FFH-Gebiete gemäß § 19 b) Abs. 2 BNatSchG bzw. § 33 Abs. 2 BNatSchGNeuregG zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft erklärt, so würde die neue Vorschrift des § 22 Abs. 2 Satz 2 die nochmalige Einbeziehung der Umgebung rechtfertigen. Letztlich wird damit die Umgebung der Umgebung geschützt.

Die Gesetzesbegründung (S. 56) ruft dazu sogar ausdrücklich auf. Danach sollten "solche Pufferzonen gleichfalls ... durch Vorschriften und Maßnahmen ... geschützt werden, damit sie ihrerseits ihre Schutzfunktionen erfüllen können". Das führt letztlich zum unkontrollierbaren "Flächenfressen". § 22 Abs. 2 Satz 2 ist zu streichen.

Schon bisher steht es den Ländern ja offen, Regelungen zu treffen, wie etwa in § 22 Abs. 3 LNatG M-V:

"Die Oberste Naturschutzbehörde kann im Einzelfall Handlungen außerhalb eines Naturschutzgebietes untersagen, die keiner öffentlich-rechtlichen Zulassung bedürfen, soweit diese Handlungen geeignet sind, den Bestand des Gebietes, seines Naturhaushalts oder seiner Bestandteile zu gefährden".

Die Länder, die entsprechende Regelungen nicht getroffen haben, können in gleicher Zielrichtung auf ihr allgemeines Gefahrenabwehrrecht zurückgreifen. Zur Abwehr einer Umgebungsgefahr ist eine Vergrößerung des räumlichen Geltungsbereiches der Schutzerklärung nie notwendig.

  1. Zu §§ 23 Abs. 1 Ziffer 1, 24 Abs. 1 Ziffer 3, 25 Abs. 1 Ziffer 3, 26 Abs. 1 Ziffer 1, 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 Ziffer 1 - Flächenkonkurrenz "Entwicklung"

Diese Vorschriften enthalten das neue Tatbestandsmerkmal "Entwicklung". Es ist (allerdings im Hinblick auf Erholung oder Fremdenverkehr; also in einem gänzlich anderen Sinne) bislang nur in § 16 Abs. 1 BNatSchG enthalten. Das BNatSchGNeuregG dehnt den "Entwicklungsaspekt" auf fast alle Gebietskategorien aus.

 Entwicklung heißt, Voraussetzungen, die noch nicht da sind, zu schaffen. Entwicklung bedeutet also zwangsläufig Verdrängung bestehender Nutzungen. In der ohnehin dicht besiedelten Bundesrepublik ist ein solches Zurückdrängen wirtschaftlich nicht hinnehmbar.

Die Begrifflichkeit wird besonders deutlich an § 24 Abs. 1 Satz 2. Die Vorschrift konterkariert die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes, die die Verordnung über den Nationalpark "Elbtalaue" mit dem Argument verworfen hatte, der überwiegende Teil dieses Gebietes befinde sich nicht in einem vom Menschen nicht oder wenig beeinflußten Zustand, sondern im Gegenteil in einem vom Menschen deutlich geprägten Zustand. Eine solche Argumentation wäre nach der Neuregelung unzulässig, weil im Grunde genommen durch Verdrängung jede Fläche in einen vom Menschen beeinflußten Zustand "entwickelt" werden kann.

  1. Zu § 29 Abs. 1 Ziffer 4 - Ausfüllungsfähig oder unbestimmt ?

Die Vorschrift des § 18, die die geschützten Landschaftsbestandteile im geltenden BNatSchG regelt, ist Grundlage etwa für Baumschutzsatzungen, den Schutz von Wind-, Staub-, Lärm- oder Lawinenschutzpflanzungen etc. Die Vorschrift hat damit einen speziellen Anwendungsbereich, der sich von dem der Vorschriften über Naturschutzgebiete, § 13 BNatSchG, oder Naturdenkmale, § 17 BNatSchG, deutlich unterscheidet.

Die "Auffüllung" mit dem Tatbestandsmerkmal "Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten" macht die Vorschrift nun letztlich völlig unbestimmt. Wann etwa ist ein Teil von Natur und Landschaft ohne Bedeutung als Lebensstätte bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten ?

  1. Zu § 30 Abs. 1 - Wirtschaftswald und "mageres Frischgrünland" als gesetzlich geschützte Biotope ?

Die Aufzählung der Biotope in § 30 Ziffer 5 ist insbesondere ergänzt worden durch verschiedene Waldtypen, die von den Ländern einem weitgefaßten "Beeinträchtigungsverbot" unterzogen werden müssen.

Zum einen ist das ohne Zweifel eine in Einzelheiten gehende Regelung i.S.v. Art. 72 Abs. 2 GG. Dies wird besonders deutlich, sieht man die immerhin 12 Seiten starke, eng bedruckte Definition S. 118 ff. der Begründung durch. Dort sind sogar die einzelnen Baumarten aufgeführt, die diese Waldtypen auszeichnen sollen. Für eine solche Regelung gibt es auf Bundesebene keinerlei Rechtfertigung i.S.v. Art. 72 Abs. 2 GG, zumal die aufgeführten Waldtypen auch gar nicht im gesamten Bundesgebiet vorkommen.

Die Definition des Bundesamtes für Naturschutz (S. 125) gibt vor, daß "eine Unterscheidung von Wäldern und Forsten anhand der Bestandsbegründung" nicht erfolgen dürfe. Wenn § 30 Abs. 1 die Länder u.a. zum Schutz vor "natürlichen und naturnahen Buchenwäldern" oder von "Fichtenwäldern" auffordert, so wird im Grunde genommen die Grundlage fast der gesamten deutschen Forstwirtschaft im "Staatsstreich" unter Schutz gestellt. Die Gesetzesbegründung läßt erkennen, daß der Gesetzgeber sich über das wirtschaftliche Ausmaß der Folgen nur unzureichende Gedanken gemacht hat. Immerhin wird nun - anders als beim Entwurf Stand Juli 2000 - eine Betrachtung über die Verkehrswertverluste angestellt (Gesetzesbegründung Seite 56). Dabei werden aber fehlerhafte Bewertungen zugrunde gelegt. Geschätzt wird zum einen eine lediglich 10 %-ige Verkehrswertminderung. Die Verkehrswertminderung dürfte in Wahrheit sehr viel höher sein. Zum anderen werden aus dem Statistischen Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 1999 nur die Ertragsmesszahlen für "bäuerliche Betriebe mit Wald", nämlich 52,00 DM/ha zugrunde gelegt. Das Statistische Jahrbuch ordnet jedoch den hauptsächlich betroffenen reinen Forstbetrieben und den körperschaftlichen Forstbetrieben eine Ertragsmesszahl von 102,00 DM zu. Deshalb dürften sich im Ergebnis die Berechnungen zu den Verkehrswertminderungen etwa verdreifachen. Es werden nicht Verkehrswertminderungen in Höhe von 719.000.000,00 DM eintreten, sondern in Höhe von 2.197.000.000,00 (!) DM.

Angesichts dieser Größenordnungen fragt es sich, ob die Einstufung als gesetzlich geschütztes Biotop wirklich zwingend ist, zumal der erste Spiegelstrich der Begründung S. 56 davon ausgeht, daß die bisher auf den entsprechenden Flächen ausgeübte Nutzung nicht eingeschränkt werden muß. Die Frage ist, warum die Flächen dann überhaupt zu gesetzlich geschützten Biotopen erklärt werden müssen. Vor Beeinträchtigungen durch andere als die bisher ausgeübten Nutzungen sind sie jedenfalls durch die Eingriffs-/Ausgleichsregelung und den übrigen Katalog der Schutzmaßnahmen, insbesondere die Schutzverordnungen, hinreichend geschützt.

Zum anderen wird sich die Vorschrift auch als "Kompetenz-Sprenger" erweisen. Da sie nunmehr die Wälder in Deutschland fast flächendeckend erfaßt, werden im Grunde genommen die Forstbehörden als Fachbehörden überflüssig. Ihr Kompetenzbereich wird von den Naturschutzbehörden unter Berufung auf die Vorschriften über gesetzlich geschützte Biotope vereinnahmt werden können.

Die Begründung behauptet ohne jeden Anhaltspunkt ins Blaue hinein, die Vorschrift sei aus fachlicher Sicht erforderlich, um den dauerhaften Fortbestand gefährdeter Biotope nachhaltig zu sichern. Das ist unzutreffend. Den Wäldern in Deutschland drohen keine Gefahren, denen durch die von § 30 Abs. 1 geforderten Verbote begegnet werden könnte. Hauptursache für Waldgefahren ist nach wie vor der diffuse Schadstoffeintrag aus der Luft. Die groß angelegte Gesetzesnovellierung, die für sich vereinnahmt, die natürlichen Lebensgrundlagen auch für die nachkommenden Generationen zu sichern, enthält keinerlei Ansatzpunkt um den tatsächlichen Waldgefahren entgegenzuwirken. Der Gesetzgeber versagt auf voller Linie und versucht das noch absichtsvoll durch den vorgeschlagenen § 30 Abs. 1 Satz 3 zu verdecken, wonach die Länder geeignete Maßnahmen treffen sollen, um die ökologische Beschaffenheit der Biotope zu erhalten. Eine Erfüllung dieser Pflicht ist den Ländern nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich unmöglich.

Die Einbeziehung der Wälder in die Aufzählung der gesetzlich geschützten Biotope ist zu unterlassen.

Entsprechendes gilt für die Aufzählung des "mageren Frischgrünlandes". Wenn die Gesetzesbegründung (Seite 121) zutrifft und der Biotoptyp nur noch 1 bis 2 Prozent des Wirtschaftsgrünlandes mit Schwerpunkt in den Mittelgebirgen und den Alpen umfaßt, so fehlt der Schutzbedarf. Eine "Gefahr" der Nutzungsintensivierung besteht auf diesen Flächen schon von ihrer Lage her nicht.

  1. Zu § 31 - Mißglückt

Die Vorschrift strebt Gewässerrandstreifen an, die als Biotop nicht beeinträchtigt und zu einem natürlichen oder naturnahen Biotop entwickelt werden sollen. Die Breite dieser Randstreifen soll der des Gewässers entsprechen.

Auch diese Vorschrift ist völlig unüberlegt formuliert. Sie stößt nicht nur in Schleswig-Holstein, dem Land zwischen den Meeren, auf Schwierigkeiten. Entlang der Ströme (Elbe, Rhein, Mosel, Eider, etc.) würden ökologische Schneisen geschlagen. In den Marschen würde mancherorts zwischen den Entwässerungsgräben (sie sind auch Gewässer i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG) keine bewirtschaftbare Fläche verbleiben.

Absatz 2 läßt den Ländern die Möglichkeit der Ausnahmezulassung, wenn "die Maßnahmen" aus überwiegenden Gründen des Gemeinwohls notwendig sind. Ein solches Abstellen auf Gründe des Gemeinwohls genügt nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Ausnahmen dienen gerade dem Schutz privater Belange. Im übrigen sind die Voraussetzungen, unter denen Ausnahmen gewährt werden, Kompetenz der Länder. Deshalb reicht es zu formulieren:

"Die Länder lassen Ausnahmen und deren Voraussetzungen zu".

  1. Zu § 40 Abs. 2 Satz 1 - Floren- und Faunenverfälschung ?

Die Vorschrift schafft einen eigenständigen, neuen Tatbestand der sog. "Floren- und Faunenverfälschung".

Die Ausführungen in der Begründung dazu (S. 68), die Vorschrift entspreche weitgehend dem bisherigen § 20 d) Abs. 2 BNatSchG, trifft nicht zu. Der geltende § 20 d) Abs. 2 BNatSchG regelt die "Gefahr einer Verfälschung der heimischen Tier- oder Pflanzenwelt" nur im Zusammenhang mit der Genehmigungspflicht für das Aussetzen "gebietsfremder Tiere und Pflanzen wildlebender und nicht wildlebender Arten". Daß hier ein Versagenstatbestand "Verfälschung" gilt, ist leicht verständlich. Die Genehmigungspflicht gilt im übrigen nicht für den Anbau von Pflanzen in der Land- und Forstwirtschaft.

Diese systematische Bindung hat die Neuregelung in § 40 Abs. 2 Satz 1 nicht. Es handelt sich vielmehr um eine allgemeine Regelung, was sich schon aus der systematischen Reihenfolge ergibt; nach der Neuregelung stehen die Vorschriften über die Genehmigungspflicht für das Ansiedeln "gebietsfremder Arten" erst im Anschluß an den allgemeinen Tatbestand der Floren- und Faunenverfälschung.

Der Tatbestand weist im übrigen ausdrücklich auf FFH- und Vogelschutzrichtlinie hin. Ist etwa die Anpflanzung von Douglasien in einem FFH-ausgewählten Buchenbestand nicht nur eine "Verschlechterung", sondern auch zusätzlich eine "Verfälschung" ?

Ganz versteckt wird jedenfalls eine neue Regelung ungeheuerer Tragweite eingeführt.

  1. Zu Art. 4 BNatSchGNeuregG - Längere Übergangsfrist

Art. 4 BNatSchGNeuregG verpflichtet die Länder zur Umsetzung auch der völlig neuen Rahmenvorschriften innerhalb von drei Jahren. Diese Frist ist die kürzeste vom Bundesverfassungsgericht noch für ausreichend gehaltene (vgl. BVerfGE 66, 270, 281, für die Dreijahresfrist nach HRG). In Anbetracht der Tatsache, daß die Gesetzgebungspflicht des Art. 75 Abs. 3 GG neu ist und nach der alten Fassung des Art. 75 eine Gesetzgebungspflicht nicht bestand und demgemäß auch einige Länder immer noch selbst das alte BNatSchG nicht vollständig umgesetzt haben, ist es angemessen, mindestens eine Umsetzungsfrist von sieben Jahren einzuräumen.

  gez. Dr. Giesen

Rundschreiben 2/2001