Anlage 1 zum Rundschreiben 2/2001

Rundschreiben 2/2001

Arbeitshilfe

für die Anfertigung von Stellungnahmen zum Entwurf des Landesbodenschutzgesetzes Schleswig-Holstein Stand 31.01.2001:

  1. Grundlage für den Entwurf des Landesbodenschutzgesetzes ist das Bundesbodenschutzgesetz. Um die Regelungsspielräume des Landesgesetzgebers zu bestimmen, muss bei jeder einzelnen sachlich anwendbaren Vorschrift des Bundesgesetzes geprüft werden, auf welchem Kompetenztitel sie beruht. Anders als im Gesetzentwurf des Landesregierung niedergelegt, beruht das Bundesbodenschutzgesetz nämlich nicht allein auf der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 72 und 74 Grundgesetz. Es ist deshalb nicht richtig, dass im Bundesbodenschutzgesetz "die wesentlichen Vorschriften ... abschließend geregelt" sind. Vielmehr beruht das Bundes-Bodenschutzgesetz ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 13/6701, Seite 16) auf einem Kompetenzmix (vergl. Sanden/Schoeneck, Bundesbodenschutzgesetz, Kurzkommentar, Einführung Rn 27). Insbesondere im Bereich der Gewässersanierungspflicht hat der Bund lediglich seine Rahmenkompetenz für das Wasserrecht (Art. 75 I 4 GG) wahrgenommen, weshalb hier ein weiter Regelungsspielraum auch für das Land Schleswig-Holstein bestehen dürfte.

  1. In einigen Bundesländern gibt es bereits Landesbodenschutzgesetze. Um einen Vergleich zu ermöglichen, ist nachfolgend das Bayerische Bodenschutzgesetz abgedruckt:

  1. In der Gesetzesbegründung heißt es, dass sich "Aufwand und Kosten für die Behörden des Landes und der Kommunen sowie Private insbesondere aus dem Bundesbodenschutzgesetz selbst" ergeben. Damit soll davon abgelenkt werden, dass gerade in verfahrensrechtlicher Hinsicht das Landesbodenschutzgesetz erhebliche Aufwands- und Kostenbedeutung hat. Gerade bei kleineren Sanierungen haben Verfahrenskosten einen überproportionalen Anteil an den Gesamtkosten. Deshalb kann ein gutes Landesbodenschutzgesetz finanzielle Betroffenheiten erheblich reduzieren. Die Darstellung der finanziellen Auswirkungen in der Gesetzesbegründung stellt allein auf die beiden im LANU zusätzlich erforderlichen Stellen ab, ohne den Ersatz der Mehrbelastungen zu beziffern, die durch den finanziellen Ausgleich für Kreise und kreisfreie Städte entstehen, auf den diese wegen der Einrichtung unterer Landes- Bodenschutzbehörden bei ihnen einen in der Landesverfassung gewährten Anspruch haben.

  1. Zu § 1:

Die Vorschrift ist überflüssig. Sie geht in § 1 Bundesbodenschutzgesetz auf. Während es im Bundesbodenschutzgesetz heißt, die Funktionen des Bodens seien "zu sichern oder wiederherzustellen", heißt es im geplanten Landesbodenschutzgesetz, die Funktionen des Bodens seien "zu schützen, zu bewahren und wiederherzustellen". Das Vermeidungsgebot für Beeinträchtigungen ist in § 1 S. 2 Bundesbodenschutzgesetz unbegrenzt, während es in § 1 S. 2 des Entwurfs an den "Rahmen der Gesetze" gebunden ist.

  1. Zu § 2 Abs. 1:

Die Vorschrift führt eine Mitteilungs- (Denunziations-) pflicht ein. Durch die Verweisung auf § 4 III und VI Bundesbodenschutzgesetz in Satz 1 und die Nennung von Bauherren und Beauftragten in Satz 2 verpflichtet die Vorschrift damit folgenden Personenkreis: Den Grundstückseigentümer, den Inhaber der tatsächlichen Gewalt (Besitzer), den Verursacher, dessen Gesamtrechtsnachfolger, diejenigen, die aus handels- oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund für eine juristische Person einzustehen haben, denjenigen, der das Eigentum an einem belasteten Grundstück aufgibt, jeden Eigentümer eines Grundstückes seit dem 01.03.1999, den Bauherren sowie alle auf dem Bau Tätigen, also Architekten, Gutachter, alle Mitarbeiter der Baufirmen vom Arbeiter bis zum Konzernvorstand etc. Alle diese Personen haben die Pflicht, Anhaltspunkte für das Vorliegen einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast auf einem Grundstück unverzüglich der unteren Bodenschutzbehörde mitzuteilen. Diese Pflicht ist mit § 16 I Nr. 1 des Entwurfs bußgeldbewehrt, d.h. wer eine Meldung nicht oder nicht unverzüglich erstattet, ist mit einer Geldbuße bis zu 10.000,00 EURO bedroht. Wann "Anhaltspunkte" vorliegen ist insbesondere in § 3 Abs. 1 u. 2 Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) geregelt. Danach reicht schon die bloße Vermutung oder ein bloßer Hinweis auf die Möglichkeit des Eintrages von Schadschoffen.

Das bedeutet letztlich, daß § 2 I des Entwurfs die bußgeldbewehrte Pflicht zur Denunziation auf Gerüchte einführt.

Verpflichtet wird sogar der Eigentümer, von dem grundsätzlich das Aufbringen von Sanierungskosten bis zur Höhe des Verkehrswertes, bei einem funktionalen Zusammenhang mit anderen Grundstücken auch deren Verkehrswertes, verlangt werden kann. Bußgeldbewehrt wird der Eigentümer verpflichtet, sein Eigentum "ans Messer zu liefern".

Deshalb fordert Art. 1 S. 1 des Bayerischen Bodenschutzgesetzes, daß die Verpflichteten nur konkrete Anhaltspunkte mitzuteilen haben. Der Begriff der konkreten Anhaltspunkte ist in § 3 Abs. 4 BBodSchV definiert. Sie liegen in der Regel nur dann vor, wenn Untersuchungen eine Überschreitung von Prüfwerten ergeben haben, oder wenn aufgrund einer Sickerwasserprognose die Überschreitung von Prüfwerten zu erwarten ist.

Es ist deshalb eine Minimalforderung, die Denunziationspflicht von "Anhaltspunkten" auf "konkrete Anhaltspunkte" zu verengen.

  1. Zu § 2 Abs. 2:

Die Vorschrift verpflichtet den Veranlasser von Bodenuntersuchungen, deren Ergebnisse dem LANU mitzuteilen. Und zwar immer, wenn die Untersuchungsfläche größer ist als 5.000 m² und unabhängig von den Ergebnissen der Untersuchung. Der Begriff des Veranlassers ("veranlaßt hat") ist unklar. Er ist jedenfalls weiter als der des Auftraggebers.

Satz 2 verpflichtet jede Behörde zu entsprechenden Mitteilungen.

Eine Verletzung dieser Pflichten ist in § 16 bezeichnenderweise nicht bußgeldbewehrt.

Die Vorschrift ist zu streichen, sie geht in § 2 Abs. 1 auf. Der Aufbau eines allgemeinen Informationssystems über den Bodenzustand ist nicht sinnvoll; es würde in hohem Maße marktbeeinflussend und preisregelnd wirken. Es reicht, konkrete Anhaltspunkte auf Schadstoffe zu inventarisieren.

  1. Zu § 2 Abs. 3:

Die Vorschrift führt eine Anzeigepflicht ein, wenn zur Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht (Verweis auf § 12 BBodSchV) Materialien aufgebracht werden. Die Anzeigepflicht tritt neben die Genehmigungspflicht nach § 13 LNatSchG. Die Angabe von Inhaltsstoffen und Gehalten fordert regelmäßig kostspielige Untersuchungen. Deshalb sind die Grenzen für Bagatellfälle hinaufzusetzen (5.000 m³/10.000 m²).

  1. Zu § 3 Abs. 1:

Die Vorschrift führt eine umfassende Auskunftspflicht ein. Dabei wird ein Verweigerungsrecht nur bei der Auskunft auf solche Fragen eingeräumt, deren Beantwortung den Pflichtigen oder nahe Angehörige der Gefahr straf- oder ordnungsrechtlicher Verfolgung aussetzen würde.

Das Verweigerungsrecht muß auch für die Fälle eingeräumt werden, in denen eine Beantwortung den Pflichtigen, nahe Angehörige oder Personen in besonderer Vertrauensstellung der Gefahr eines verwaltungsrechtlichen Verfahrens aussetzen würde. Niemand darf zu Auskünften gezwungen werden, die in einem anschließenden Verwaltungsverfahren gegen ihn verwendet werden können, um kostenpflichtige Maßnahmen festzusetzen, die letztlich bis zum Verlust des Grundstücks führen können. Der Grundsatz der Amtsermittlung im Verwaltungsverfahren (§§ 83, 84 II S. 3 LVwG) darf nicht so weitgehend durchbrochen werden.

  Das Verweigerungsrecht muß im übrigen auch für die Mitteilungspflichten in § 2 Abs. 1 gelten und dort nicht nur zur Verweigerung der Antwort berechtigen, sondern die Pflicht zur Auskunft entfallen lassen.

  1. Zu § 3 Abs. 2:

Satz 1 der Vorschrift räumt den Bodenschutzbehörden ein Recht auf jederzeitigen Zutritt zu Grundstücken und die Vornahme von Ermittlungen ein. Der Eigentümer soll dies zu dulden haben. Hier muß ergänzt werden, daß die Behörden das Betreten zuvor rechtzeitig beim Eigentümer anzumelden haben. Außerdem ist dem Eigentümer das Ergebnis der vorgenommenen Ermittlungen unverzüglich mitzuteilen.

Satz 2 rechtfertigt Durchsuchungen in Wohn-, Geschäfts- und Betriebsräumen. Es bestehen erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift. Nach Art. 13 I GG ist die Wohnung unverletzlich. Durchsuchungen dürfen grundsätzlich nur durch den Richter durchgeführt werden, das heißt in aller Regel nur aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses. Artikel 13 Abs. 7 läßt Beschränkungen im übrigen nur zu "zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, aufgrund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher". Die "Insbesondere-Aufzählung" macht deutlich, daß das Grundgesetz anderes als "dringende Gefahr" ansieht, als der Gesetzentwurf. Die Raumnot der Nachkriegszeit, Seuchengefahr oder Jugendschutz haben ein anderes Gewicht als Bodenverunreinigungen, die in aller Regel ja nicht akut auftreten, sondern häufig unbemerkt seit Jahren "schlummern". Für deren Ermittlungen dürfen Wohn-, Geschäfts- und Betriebsräume deshalb nicht ohne weiteres zwangsweise durchsucht werden können.

  1.  Zu § 3 Abs. 3:

Satz 2 schließt den Ersatzanspruch für Eigentümer und Besitzer von Grundstücken aus, auch wenn sie gar nicht Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sind. Bildlich gesprochen und nach Schleswig-Holstein transferiert: Leitet die BASF in Ludwigshafen Schadstoffe ein, die in Kleve nach einem Hochwasser zu einer schädlichen Bodenveränderung geführt haben, und wird das Grundstück bei den Ermittlungsmaßnahmen verwüstet, so geht der Eigentümer in Kleve leer aus.

Damit werden maßgebliche Grundsätze des Ordnungsrechtes abgeändert. Die Auswahl des Störers entscheidet dort zugleich darüber, wer Nichtstörer ist und deshalb einen Entschädigungsanspruch nach §§ 221 ff. LVwG hat. Eine Pflicht des Nichtstörers zum entschädigungslosen Einsatz seines Vermögens und zur Ermöglichung von Maßnahmen gegen den Störer besteht nicht.

Satz 2 ist deshalb wie folgt zu formulieren:

 "Dies gilt nicht, wenn die oder der Verpflichtete nach § 4 Abs. 3 oder § 9 Abs. 2 Bundesbodenschutzgesetz in Anspruch genommen wird".

Der Formulierungsvorschlag verzichtet auf die Wendung "oder der Verpflichtete die den Verdacht begründenden Umstände zu vertreten hat". Damit soll vorgebeugt werden, daß derjenige, der sich aus Angst vor einer Ordnungswidrigkeit nach § 2 Abs. 1 des Entwurfes übervorsichtig verhält und Gerüchte über Schadstoffe mitteilt, letztlich auf den Schäden von Ermittlungsmaßnahmen sitzenbleibt.

  1.  Zu § 4 Abs. 2:

Die Vorschrift bricht mit dem datenschutzrechtlichen Grundsatz, daß Daten nur für den Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie erhoben wurden.

  1.  Zu § 5:

Die Problematik des Satzes 2 der Vorschrift hat einen engen Zusammenhang mit § 3 Abs. 3. § 24 des BBodSchG bestimmt nämlich, daß die Kosten bestimmter Maßnahmen die zur Durchführung Verpflichteten tragen, also der in § 4 Abs. 3 bestimmte Kreis (Grundstückseigentümer, Inhaber der tatsächlichen Gewalt, Verursacher, dessen Gesamtrechtsnachfolger, derjenige, der aus handels- oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund für eine juristische Person einzustehen hat sowie der das Eigentum an einem Grundstück Aufgebende und jeder frühere Eigentümer seit 01.03.1999). Zu diesen in § 24 I S. 1 BBodSchG bestimmten Maßnahmen gehört nicht die Gefährdungsabschätzung nach § 9 I BBodSchG. § 24 I S. 1 BBodSchG verweist lediglich auf Absatz 2 des Paragraphen 9. Daraus folgt, daß die Kosten für Gefährdungsabschätzungen nach § 9 I BBodSchG die Behörden zu tragen haben.

Genau um Gefährdungsabschätzungen geht es aber in § 3 II des Entwurfs. Die Gefährdungsabschätzung beruht eben auf der "Ermittlung des Sachverhalts" im Sinne von § 9 I S. 1 BBodSchG.

Das bedeutet, daß § 5 S. 2 die den Behörden obliegende Kostenlast für Gefährdungsabschätzungen auf den Kreis der in § 4 III BBodSchG Genannten abwälzt.

Die Anordnung der Kostentragung in § 24 I S. 1 BBodSchG beruht auf dem Kompetenztitel der konkurrierenden Gesetzgebung, d.h. daß eine abschließende Regelung getroffen ist, die den Ländern keinen Spielraum, erst recht nicht für entgegenstehende Regelungen, läßt. § 5 S. 2 des Entwurfs ist, würde er Gesetz, verfassungswidrig.

  1. Zu § 6 Abs. 1:

Satz 3 Ziffer 2 erlaubt die Sammlung, Aufbereitung und Bewertung früherer, bestehender und geplanter Nutzungen auf den Flächen und im Einwirkungsbereich. Nutzungen sind nach der Legaldefinition in § 100 BGB die Früchte einer Sache oder eines Rechtes sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechtes gewährt. Satz 3 Ziffer 2 würde also die Sammlung, Aufbereitung und Bewertung des wirtschaftlichen Ertrages von Flächen erlauben und damit "gläserne Kassen" einführen. Das wird abgelehnt.

Satz 3 Ziffer 5 schreibt vor, daß in das Kataster die Pflichtigen nach § 3 I einzutragen sind. § 3 Abs. 1 wiederum verweist auf die in § 4 III und IV BBodSchG genannten Personen. Wer zu diesem Kreis gehört, ist oben dargestellt. Problematisch an der Eintragung dieses Kreises in ein Kataster ist, daß die Eintragung ohne die eigentliche, ermessensgebundene Störerauswahl erfolgt. Wer aber einmal im Kataster steht, wird es besonders schwer haben, bei der anschließenden Ermessensentscheidung zur Störerauswahl noch argumentieren zu können, er sei Nichtpflichtiger. Die Eintragung wird mindestens faktische Tatbestandswirkung haben. Deshalb dürfen nicht "die Pflichtigen nach § 3 Abs. 1" eingetragen werden, sondern allenfalls "die als Pflichtige nach § 3 Abs. 1 in Betracht kommenden".

  1. Zu § 7:

Absatz 1 ist Rechtsgrundlage für die Einrichtung eines behördeninternen "Intranet". § 7 II rechtfertigt die Datenübermittlung sogar an Behörden anderer Träger, und zwar zur Erfüllung deren Aufgaben. Zu Bodenschutzzwecken erhobene Daten über Nutzungen beispielsweise (§ 6 I S. 3 Ziff. 2) könnten an die Finanzämter übermittelt werden. Das bricht wiederum mit dem datenschutzrechtlichen Grundsatz, wonach die Daten nur für den Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie erhoben sind.

Deshalb ist besonders brisant, daß § 7 III die Unterrichtung der Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigten erst nach der Aufnahme der Daten in das Kataster vorsieht. Dieser Zeitpunkt ist zu spät. Um eine effiziente Korrektur und die Eintragung nur richtiger Daten zu gewährleisten, ist es erforderlich, Eigentümer und Nutzungsberechtigte vor der Eintragung in das Kataster zu unterrichten.

  1. Zu § 8 Abs. 1:

Die Fachbeiträge des LANU zum Bodenschutz werden auf den Grundstücksverkehr ähnliche Auswirkungen haben, wie die Fachbeiträge des LANU zum Biotopverbundsystem. Der Grundstücksmarkt wird verzerrt.

  1. Zu § 9:

Die neue Kategorie des Bodenschutzgebietes ist ein erneuter Beitrag zur Überregulierung und Bürokratie.

Es ist außerordentlich fraglich, ob das Land Schleswig-Holstein überhaupt die Kompetenz hat, derartige Bodenschutzgebiete einzuführen. Sofern nicht die Gewässersanierung betroffen ist, beruht das BBodSchG, wie oben gesehen, auf dem Kompetenztitel der konkurrierenden Gesetzgebung, d.h. die Bundesgesetzgebung ist abschließend. Die Einrichtung eines Bodenschutzgebietes wäre nur möglich, wenn sie sich an den Rahmen des § 21 III BBodSchG hält. Das ist nicht der Fall. Die Kommentarliteratur schränkt § 21 III BBodSchG dahingehend ein, daß die Länder lediglich zur Aufstellung von Bodenschutzplänen ermächtigt werden sollen, deren Verzahnung mit der Landschaftsplanung sicherzustellen ist (vgl. Sanden Schoeneck, a.a.o., § 21 Rn 11).

Es trifft zwar zu, daß das Baden-Württembergische, das Berliner und das Sächsische Landesrecht Bodenbelastungsgebiete kennt, doch handelt es sich dabei um Landesgesetze, die vor Inkrafttreten des BBodSchG bestanden. Auf dem Gebiet des Bodenrechtes hat der Bund gem. § 74 I Nr. 18 GG die abschließende Kompetenz, die bodenrechtliche "Erfindungen" der Länder daneben ausschließt.

Vor diesem Hintergrund wird hier zunächst darauf verzichtet, die Einzelheiten der vorgeschlagenen Regelung zu würdigen. Sie sind durchaus problematisch (Identität von § 9 II S. 2 Nr. 1 Variante 2 mit § 9 II S. 2 Nr. 2; Verpflichtung zu aktivem Tun in § 9 II S. 2 Nr. 4; Fehlen der Ausnahme in § 9 III; Gefahr der Einwendungspräklusion wegen des Verweises auf § 124 VII S. 2 Landeswassergesetz ?).

  1.  Zu § 11 Abs. 1:

Das Einvernehmen mit der obersten Bodenschutzbehörde ist zu streichen. Die unteren Bodenschutzbehörden können alleine über den Ausgleich entscheiden. Fehlentscheidungen kann im Rahmen der Fachaufsicht entgegengewirkt werden. Die zwingende Beteiligung zweier, nämlich der unteren und der obersten Bodenschutzbehörde, pumpt eine unnötige Bürokratie auf.

Die Vorschrift schreibt die Anhörung eines Sachverständigen zwingend vor. Das Tatbestandsmerkmal "auf Antrag" bezieht sich nach der Gesetzesbegründung nur auf die Gewährung des Ausgleichs überhaupt, nicht auf die Hinzuziehung des Sachverständigen. Die zwingende Hinzuziehung eines Sachverständigen verursacht vermeidbare Kosten. Da derartige Gutachtenkosten als Folgeschäden einer Ausgleichs- und Schrankenbestimmung nach der Rechtsprechung des Landgerichtes Kiel vom Land zu tragen sind, dürfte es in dessen eigenem Interesse sein, auch Sachverständige nur dann hinzuzuziehen, wenn die Höhe des Ausgleichs streitig ist.

§ 11 II S. 3 wird ausdrücklich begrüßt. Die Vorschrift setzt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts endlich um.

Der Ausschluß nach § 11 Abs. 2 S. 4 in der jetzigen Formulierung entwertet den Ausgleichsanspruch. Der richtige Ausgangspunkt ist, daß Doppelzahlungen für ein und dieselbe Beschränkung vermieden werden sollen. Wird beispielsweise eine Nutzung in einer Wasserschutzverordnung eingeschränkt und ausgeglichen, so soll eine identische Nutzungseinschränkung auf der Grundlage des Bodenschutzrechtes nicht zu einem erneuten Ausgleich führen. Das aber ist eine Selbstverständlichkeit, die wirklich identische Nutzungsbeschränkungen voraussetzt. Eine solche Identität wird es jedoch in den seltensten Fällen geben. Es ist deshalb notwendig, nicht allgemein die "wirtschaftlichen Nachteile" zum Ausgangspunkt der Berechnung zu machen, sondern jeden Nachteil einer konkreten Nutzungsbeschränkung zuzuordnen, gesondert zu beziffern und gegebenenfalls gegenzurechnen.

  1. Zu § 15 S. 2:

Die ausdrückliche Zuschreibung einer Beratungs- und Unterstützungsaufgabe des LANU ist zu streichen. Es kann diese Aufgabe im Rahmen der Fachaufsicht mit den dafür nach §§ 17 ff. LVwG geltenden Voraussetzungen ausüben. Beratung und Unterstützung außerhalb der Fachaufsicht würde nur zu einer Einmischung des LANU in Verwaltungsverfahren führen, die die unteren Bodenschutzbehörden auch von sich aus bewältigen können.

  1.  

Das Landesbodenschutzgesetz versäumt mit dem vorgelegten Entwurf eine große Chance: Die Heranziehung des Eigentümers als Zustandsstörer ist in vielen Fällen ungerecht. Die von der Rechtsprechung zur Störerauswahl ermittelten Grundsätze, die es erlauben, den finanziell Leistungsfähigsten in Anspruch zu nehmen (Nachweise aus der Rechtsprechung bei Seibert, DVBL 1992, 664, 673) sind oft unbefriedigend. Es werden sich die Fälle häufen, in denen kostenträchtige Sanierungspflichten auf den durchschnittlichen Einfamilienhaus-Eigentümer zukommen, weil andere Pflichtige, vor allem der Verursacher, nicht mehr existent oder illiquide sind. In diesen Fällen, in denen beim Mitpflichtigen nichts mehr zu holen ist, hilft auch der grundsätzlich bestehende interne Ausgleichsanspruch der Pflichtigen nach § 24 II BBodSchG nicht weiter. Das Vermögensbildungsziel eines durchschnittlichen Erwerbslebens wird aufs Spiel gesetzt.

Deshalb sollte das Landesrecht einen Vorrang des Handlungsstörers bestimmen. Das heißt, das diejenige Person vorrangig zu den bodenschutzrechtlichen Pflichten heranzuziehen ist, die die schädliche Bodenveränderung oder Altlast verursacht hat. Ist eine solche Person nicht mehr existent oder illiquide muß das Haftungsrisiko letztlich den Staat treffen.

Damit würde der Kreis der Pflichtigen nicht eingeschränkt. Die Gesetzesbegründung (Seite 2 Abs. 3) weist zutreffend darauf hin, daß der Kreis der Pflichtigen abschließend durch das Bundesbodenschutzgesetz bestimmt wird. Der vorgeschlagenen landesrechtlichen Regelung geht es um die prioritäre Auswahl eines der aus dem Kreis der Pflichtigen in Betracht Kommenden.

Häufig sind schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten unter Kenntnis oder durch Versäumnisse des Staates, etwa bei der Überwachung des Verursachers, entstanden. Derartige Verursachungsbeiträge des Staates führen bei der jetzigen Rechtslage in der Regel nicht zu seiner Haftung. Was die staatlichen Schultern nicht tragen können, darf auch beim Einzelnen nicht abgeladen werden. In diesem Bereich ist der Staat im Sinne des Subsidiaritätsprinzips aufgerufen, in anderen Bereichen - sie sind oben aufgezählt - nicht.

gez. Dr. Giesen

Rundschreiben 2/2001