Rundschreiben 8/2007


Kiel, den 13.07.2007

Inhalt
I. Politische Entwicklung
  1. Bundesebene
  2. Länderebene
II. Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz
III. Innenentwicklung
IV. NATURA 2000
  1. Bundesratseinvernehmen FFH
  2. Umsetzung in Schleswig-Holstein
  3. Die Zulässigkeit von Projekten nach FFH-Recht
V. Wasserrahmenrichtlinie
  1. Zeitplan
  2. Umsetzungsmangel
VI. Praxis: Abgrenzung von Schutzgebieten
VII. Rechtsprechung
  1. Vogelschutz
  2. Bestandsschutz
  3 Planung
  4. Vorkaufsrecht
  5. Vertragsnaturschutz
  6. Gesetzlich geschützte Biotope
  7. Knicks und Außenbereich
  8. Umweltinformationen
  9. Landschaftsschutz
VIII. Salzwiesen
  1. Politische Entwicklung

  1. Bundesebene

Auf Bundesebene ist die sog. Kleine Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes stark umstritten. Mit ihr sollen die Europäischen Artenschutzvorschriften umgesetzt wer­den. Zuletzt war u.a. geplant, in diesem Zuge auch den Projektbegriff zu ändern. U.a. sollte die Entnahme einer größeren Menge Holzes in der Forstwirtschaft verträglich­keitsprüfungspflichtig und anzeigepflichtig werden. Der Umweltausschuß des Bun­destages hat wegen des erheblichen Widerstandes das Thema von der Tages­ordnung seiner Sitzung am 04.07.2007 genommen. In einem Schreiben der Euro­päischen Kommission wird das Gesetzgebungsverfahren kritisiert. Das Schreiben der Europäischen Kommission vom 27.06.2007 kann von der Ge­schäftsstelle abgefordert werden.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat im Februar 2007 ein umfangreiches Son­dergutachten "Umweltverwaltungen unter Reformdruck" herausgegeben. Es fordert politische Mitsprache für "Vertreter der jeweiligen Umweltverwaltungs­ebe­nen". Das Gutachten macht deutlich, welchen Einfluß Verwaltungen heute auf das Zu­standekommen politischer Entscheidungen haben und wo Reformen blockiert wer­den. Es ist dringend notwendig, daß sich die Parlamente wieder auf die ihnen zu­stehenden Regelungsbefugnisse be­sinnen.

  1. Länderebene

In Niedersachsen ist die Novellierung des Naturschutzgesetzes trotz eines fertig vor­liegenden Entwurfes auf einen Zeitpunkt nach der Wahl im Frühjahr 2008 ver­scho­ben worden.

In Schleswig-Holstein steht die Verordnung zur Regelung des Öko-Kontos nach § 12 Abs. 6 und 8 LNatSchG im Vordergrund des Interesses. Für den Nachmittag des 11.09.2007 ist dazu ein "Work­shop" im Umweltministerium vorgesehen, in dem die Eckpunkte einer Rege­lung vor­gestellt werden sollen.

Eine Broschüre zum Öko-Konto ist beigefügt als Anlage 1.

^

  1. Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz

Am 17.12.2006 ist das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz in Kraft ge­treten. Abgesehen davon, daß schon ein Wort mit 42 Buchstaben rekordverdächtig ist, bringt das Gesetz auch inhaltlich erhebliche Änderungen im Fachplanungsrecht. Dies wird auch für Schleswig-Holstein erhebliche Auswirkungen haben, denn die Ände­rungen gelten u.a. für die

  • Ausbaustrecken der Bahn "Hamburg - Øresund-Region" und "Hamburg - Lübeck"

sowie die

  • Autobahnen A7 "Hamburg - Bordesholm" und die A20 "Stade A26 - Lübeck A1"

sowie die

  • Ausbauvorhaben (Vertiefungen) der "Unter- und Außenelbe"

sowie schließlich für die

  • "Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 110 kV im Küsten­be­reich von Nord- und Ostsee, die zwischen der Küstenlinie und dem nächstge­legenen Netzverknüpfungspunkt, höchstens jedoch in einer Entfernung von nicht mehr als 20 km von der Küstenlinie landeinwärts" verlegt werden sollen (Netz­an­bindung von Offshore - Windenergieanlagen).

Die Änderungen sollen das Planfeststellungsverfahren straffen, was vom grund­sätz­lichen gesetzgeberischen Ziel her zu begrüßen ist. Die Straffung allerdings ist ver­bunden mit der Verkürzung der Möglichkeiten, die Rechte von Betroffenen in Ansatz zu bringen:

So kann im Planfeststellungsverfahren auf den Erörterungstermin verzichtet werden. Dadurch erlangen die schriftlichen Stellungnahmen eine nochmals gesteigerte Be­deutung zur Verhinderung von Präklusion, die den meisten Betroffenen fremd sein wird und dazu führt, daß materielle Rechts­posi­tionen formell abgeschnitten werden könnten.

Außerdem wird der Einsatzbereich der Plangenehmigung erweitert und ihre Rechts­wirkungen werden einschließlich der enteignungsrechtlichen Vorwirkung einer Plan­feststellung gleichgestellt.

Eingeführt wird eine Pflicht zur Duldung von Vorarbeiten (Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen). Wie schon bisher im Fernstraßenrecht wird das Verfahren über die Höhe der Entschädigung von der Planfeststellung abgekoppelt und der Enteignungskommissarin übertragen. Auf Raumordnungsverfahren soll ver­zichtet werden können - man fragt sich, wofür sie dann noch da sind.

Und schließlich wird für die Gewährung des Rechtsschutzes das Bundesver­wal­tungsgericht in erster und letzter Instanz zuständig (nicht bei den Netzanbindungen).

Ob mit diesen Änderungen das gesetzgeberische Ziel erreicht wird, darf bezweifelt werden.

^

  1. Innenentwicklung

Der Gesetzgeber möchte die Innenentwicklung der bebauten Ortslagen voran­trei­ben. Deshalb ist ein neuer § 13 a) in das BauGB eingefügt worden. Er führt ein be­schleunigtes und vereinfachtes Verfahren für Bebauungspläne der Innenentwicklung ein. Damit verbundene Eingriffe in Natur und Landschaft werden erleichtert; Kompen­sationsansprüche reduziert.

Zugleich hat der Gesetzgeber eine für die Praxis außerordentlich bedeutsame Frist­änderung eingeführt: Normenkontrollanträge gegen Bebauungspläne, Landschafts­schutzverordnungen, Naturschutzverordnungen etc. sind nunmehr nur noch binnen eines Jahres ab Bekanntmachung zulässig. Für Vorschriften, die bis zum 31.12.2006 bekanntgemacht wurden, gilt noch die alte Zweijahresfrist.

Neben der begrüßenswerten Tendenz, Planungen zu vereinfachen, auch hier also wieder die abzulehnende Beschneidung der Rechte von Betroffenen.

^

  1. NATURA 2000

  1. Bundesratseinvernehmen FFH

Der Bundesrat hat zur Atlantischen und zur Kontinentalen Biogeographischen Region sein Einvernehmen zu den von der Europäischen Kommission vorgelegten Listungs­entwürfen beschlossen.

  1. Umsetzung in Schleswig-Holstein

Am 11.05.2007 informierten Staatssekretär Rabius und Mitarbeiter des Umweltmini­steriums aus der Naturschutzabteilung Verbandsvertreter über den weiteren "Mana­gementprozeß" für die NATURA 2000 - Gebiete.

Ein Vermerk über die Veranstaltung ist beigefügt als Anlage 2. Das Umwelt­mini­sterium wird darüber demnächst auch eine Broschüre herausgeben.

Die Botschaft der Veranstaltung soll nach den Worten von Herrn Rabius lauten: "Ko­operation auch bei unterschiedlichen Interessen". Von hier aus kann bestätigt wer­den, daß die vorgestellten Vorgehensweisen konstruktiv und pragmatisch die An­forderungen des Europäischen Rechts mit den Interessen der Betroffenen zu ver­einbaren scheinen.

Träger des Managements sollen grundsätzlich "lokale Bündnisse" sein und werden. Damit wird in der Sache die alte Idee der Selbstverwaltung für die Umsetzung von NATURA 2000 in Schleswig-Holstein in neuer Form fruchtbar gemacht.

Hinzuweisen ist auf die Website www.natura2000-sh.de. Die Verbändeinformation soll in ca. einem Jahr mit einer weiteren Veranstaltung auf den neuesten Stand gebracht werden.

Selbst von den Naturschutzverbänden kam nur verhaltene Kritik. Wir können die Hoffnung haben, daß neues Vertrauen zwischen Eigentum und Naturschutz wächst und altes gefestigt wird.

  1. Die Zulässigkeit von Projekten nach FFH-Recht

Vom Managementprozeß unberührt bleiben die "harten" Rechtsfolgen des Schutz­regimes. In der Zeitschrift Natur und Recht ist ein Aufsatz von Jarass erschienen, der die Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Projekten nach FFH-Recht zusammenfaßt.

^

  1. Wasserrahmenrichtlinie

  1. Zeitplan

Das MLUR hat den Zeitplan für die formale Öffentlichkeitsbeteiligung zu den Um­setzungsmaßnahmen gemäß der Wasserrahmenrichtlinie in Schleswig-Holstein be­kanntgegeben. Er lautet wie folgt:

Veröffentlichung des Arbeitsprogramms für die Aufstellung des Bewirtschaftungsplans, einschließlich eines Zeitplans 22.12.2006
   
Stellungnahme der Öffentlichkeit zum Arbeitsprogramm und zum Zeitplan 22.06.2007
   
Veröffentlichung eines Überblickes über die wichtigsten Wasserbewirtschaftungsfragen 22.12.2007
   
Stellungnahme der Öffentlichkeit zu den wichtigsten Bewirtschaftungsfragen 22.06.2008
   
Veröffentlichung Entwürfe Bewirtschaftungspläne 22.12.2008
   
Stellungnahme der Öffentlichkeit zum Entwurf der Bewirtschaftungspläne 22.06.2009
   
Veröffentlichung der Bewirtschaftungspläne  22.12.2009
   

Internationale Anhörungsdokumente (Flußgebietseinheit Elbe) und Stellungnahmen dazu werden durch die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe (IKSE), Fürstenwallstraße 20, 39104 Magdeburg, zur Verfügung gestellt bzw. entgegenge­nommen (www.ikse.de).

Überregionale und für das deutsche Einzugsgebiet der Elbe geltende Anhörungs­dokumente und Stellungnahmen dazu werden von der Flußgebietsgemeinschaft Elbe, Geschäftsstelle Magdeburg, Otto-v.-Guericke-Straße 5, 39104 Magdeburg, zur Verfü­gung gestellt bzw. entgegengenommen (www.fgg-elbe.de).

Schleswig-Holsteinische Flußgebietsbehörde ist das MLUR. Es stellt im Internet­angebot www.wasser.sh die landesspezifischen Daten und Informationen zur Verfü­gung.

Wenn auch die rechtlich wichtigste Station die Bewirtschaftungspläne sind, wird doch empfohlen, bereits die vorlaufenden Arbeitsschritte zu begleiten.

  1. Umsetzungsmangel

In einer Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 22.03.2007 wird eine unzureichende Umsetzung der Europäischen Wasserrahmen­richtlinie gerügt. Größter Schwachpunkt der Umsetzung sei die wirtschaftliche Ana­lyse gem. Art. 5 WRRL. Dies gelte insbesondere für die ordnungsgemäße Bestim­mung der Wasserdienstleistungen und -nutzungen und die Bewertung des Kosten­deckungs­grads. Der Wasserverbandstag Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt e.V. steht auf dem Standpunkt, daß die für die wirtschaftliche Analyse erforder­lichen Daten den Behörden vorliegen und eine genaue Aufstellung der einzelnen Kosten­deckungs­po­sitionen von der Wasserrahmenrichtlinie nicht gefordert sei.

Damit der tritt der Wasserverbandstag Forderungen aus dem Bereich der Forstwirt­schaft entgegen, deren Beitrag zur Wasserwirtschaft als umwelt- und ressourcenbe­zogene Kosten in der wirtschaftlichen Analyse darzustellen.

^

  1. Praxis: Abgrenzung von Schutzgebieten

Häufig ist die Abgrenzung von Schutzgebieten streitig.

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat in einem Urteil vom 17.04.2007, 1 K 2401/05.KO, bekräftigt, daß die Abgrenzung der FFH-Gebiete nach rein fachlichen Gesichtspunkten erfolgt. Im entschiedenen Fall war ein Steinbruch aus der Gebiets­abgrenzung herausgenommen worden, obwohl dort Fledermaushabitate lagen. Das Gericht hat die Herausnahme als fehlerhaft gerügt.

Im Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein vom 29.06.2006 ist die Lan­desverordnung über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes für die Wasser­gewinnungsanlagen der Stadtwerke in Kiel (Wasserschutzgebietsverordnung Schwentinetal) vom 16.05.2006 veröffentlicht. Bemerkenswert ist die Abgrenzungs­technik des Verordnungstextes. Weil die Gebietsgrenzen teils durch historische Wald­gebiete verlaufen, in denen es keine abgrenzungsgeeigneten Flurstücks­gren­zen gibt, hat der Verordnungsgeber in der Abgrenzungskarte Punkte gesetzt und diese mittels ihrer geographischen Koordinaten beschrieben. Diese Regelungs­technik kann bei­spielhaft herangezogen werden, wenn es bei Wasserschutz­ge­biets­verordnungen oder auch Verordnungen nach Naturschutzrecht um die Abgrenzung von Schutzge­bieten geht, in denen traditionell von den Behörden vertreten wurde, die Gebiets­gren­zen müßten Flurstücksgrenzen folgen. Unter Berufung auf die WSG-VO Schwen­tinetal kann nun dagegen eingewandt werden, daß die Grenzziehung den natürlichen Ver­hältnissen folgen darf und eine Abgrenzung entlang von in ihren Ko­ordinaten be­schriebenen Festpunkten ausreicht.

Eine ähnliche Regelungstechnik ist bei den Naturschutzgebieten "Östliche Deutsche Bucht" und "Pommersche Bucht" (Verordnungen vom 15.09.2005) gewählt worden.

^

  1. Rechtsprechung

Unter dem Internetportal http://lrsh.juris.de werden Entscheidungen der Schleswig-Holsteinischen Gerichte von besonderem öffentlichen Interesse präsentiert.

  1. Vogelschutz

Der Europäische Gerichtshof hat in einem Urteil vom 13.07.2006, Rechtssache C-191/05, gegen Portugal  zur Vogel­schutz­richtlinie festgestellt, daß die Flächenände­rung eines Gebietes dann nicht zulässig ist, wenn zwar zwischenzeitlich die aus­wahlmaßgeblichen Arten nicht mehr vor­kom­men, dafür aber sich andere Anhang - Arten angesiedelt haben.

Die Flächenänderung bleibt nach dem Urteil aber auch in diesen Fällen möglich, wenn das Gebiet für die neuen Arten nicht mehr zu den "geeignetsten Gebieten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie" zählt.

In einem Urteil vom 28.06.2007, Rechtssache C-235/04, gegen Spanien hat der EuGH festge­halten, daß die Mitgliedstaaten bislang wissenschaftliche Beweise gegen die Eignung von IBA '98 als Maßstab für die Beurteilung der Gebietsauswahl schuldig geblieben sind. Das Urteil weist der Landesregierung den Weg für die Verteidigung im Fall Eiderstedt. Die Halbinsel ist erst im IBA '02 dargestellt. Es wird zu zeigen sein, warum dieses Verzeichnis wissenschaftlichen Ansprüchen nicht (mehr) genügt.

  1. Bestandsschutz

Immer wieder wird darum gestritten, wann der Bestandsschutz für legal errichtete Baulichkeiten entfällt. Der naturbedingte Zerfall eines Bauwerkes bedingt ja auf die Dauer ständige Unterhaltungsmaßnahmen und irgendwann können diese einen Um­fang erreicht haben, in dem der ursprüngliche Bestand auch rechtlich als nicht mehr vorhanden angesehen werden kann.

Der Hessische Staatsgerichtshof hatte einen berühmt gewordenen Fall zu entschei­den, Urteil vom 13.12.2004, Az: P.St. 1842: Es ging um den Bestandsschutz für einen Maschendrahtzaun. Er bestand seit dem Jahr 1959. Im Laufe der Reparaturen wur­den der Maschendraht letztlich vollständig ersetzt und marode Holzpfosten ausge­tauscht; die auch vorhandenen Betonpfosten blieben unverändert stehen.

Die Fachgerichte haben an den Zeitpunkt des Austausches des Maschendrahtes den Verlust des Bestandsschutzes gebunden. Damit sei ein "vollständiger Substanz­aus­tausch" gegeben. Die nicht ausgetauschten Betonpfosten seinen ohne Ver­span­nungs­material funktionslos. Der Hessische Staatsgerichtshof hat diese Ausle­gung ver­fassungsrechtlich abgesegnet.

Anders hat das OVG Greifswald im Falle eines Steges entschieden, Beschluß vom 16.06.2005, Az: 1 M 38/05. Es war streitig, wann welche Bohlen der Stegbeplankung ab­gängig waren und wie sich insgesamt der bauliche Zustand des Bohlenbelages über die Jahre dargestellt hat. Die Eigen­tümerin des Steges hatte fünf Zeugen für die weitere Nutzung, die Behörde lediglich drei Zeugen für die Einstellung des Betriebes aufgeboten:

"Daher kann allein aus der Tatsache, daß in dem genannten Winter kein Boh­lenbelag (mehr) vorhanden gewesen ist, weder auf eine Nutzungs­auf­gabe noch auf Erlöschen des Bestandsschutzes wegen Substanzverlustes ge­schlossen werden. ... Es ist davon auszugehen, daß bei einem Bootssteg aus einer langlebigen Stahlkonstruktion mit einer Holzbeplankung die tragen­de Stahlkonstruktion das Wesentliche ist und der Bohlenbelag zwar für die Funktion erforderlich ist, aber durchaus auch einmal komplett ausgetauscht werden darf, ohne daß dies eine wesentliche Änderung oder gar Neuer­rich­tung des Steges wäre. ... Der Bestandsschutz im naturschutzrechtlichen Sinne umfaßt auch die Unterhaltung und teilweise Erneuerung, nicht jedoch eine Neuerrichtung oder Erweiterung von Nutzungen oder Anlagen".

  1. F-Planung

Das Bundesverwaltungsgericht hat klargestellt, Urteil vom 18.08.2005, Az: 4 C 13.04, daß ein Flächennutzungsplan für den Außenbereich nicht einen "Bestimmtheitsgrad" haben darf, der seine Darstellungen faktisch an die Stelle eines Bebauungsplanes treten läßt.

In einer weiteren Ent­scheidung hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, Urteil vom 26.04.2007, Az: 4 CN 3.06, daß der Normenkontroll­antrag gegen Flächen­nutzungs­pläne zulässig sein kann. Diese Entscheidung hat eine sehr grundsätzliche Bedeu­tung. Sie ist ergangen in einem Fall, in dem sog. Konzentrationsflächen in einem Flächennutzungsplan dargestellt waren. Diese Darstellung hat die Folge, das Vor­haben an Standorten außerhalb der Konzentra­tionsflächen in der Regel unzu­lässig sind. Diese Folge verleiht dem Flächen­nutzungsplan regelnde Außenwirkung.

  1. Vorkaufsrecht

Gelegentlich üben Gemeinden ein Vorkaufsrecht nach § 24 BauGB aus. Es steht den Gemeinden dann zu, wenn sich das verkaufte Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes befindet, der dafür eine Nutzung für öffentliche Zwecke festsetzt.

Die Erklärung, durch die die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausübt, ist als öffentlich-rechtliche Verpflichtungserklärung nur dann rechtsverbindlich, wenn sie hand­schrift­lich unterzeichnet und mit dem Dienstsiegel versehen ist. Die Zivilgerichtsbarkeit (vgl. BGHZ 147, 381) vertritt die Auffassung, daß es sich bei dieser Vorgabe nicht um eine Formvorschrift handele, sondern um eine materielle Vorschrift über die Be­schrän­kung der Vertretungsmacht zum Schutz der öffentlich-rechtlichen Körper­schaf­ten und ihrer Mitglieder. Rechtsfolge ist die schwebende Unwirksamkeit einer Ver­pflich­tungser­klä­rung, die den vorgenannten Anforderungen nicht entspricht. Diese schwe­bende Un­wirksamkeit könnte durch eine nachträgliche Zustimmung beseitigt und die Erklärung wirksam gemacht werden.

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit vertritt demgegenüber traditionell die Auffassung, es handele sich um eine Formvorschrift. Deren Nichteinhaltung führe zur Nichtigkeit mit der Folge, daß eine nachträgliche Zustimmung nicht möglich ist.

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg neigt in einem Urteil vom 28.04.2005, Az: 1 LB 270/02, letzterer Ansicht zu, läßt die Frage jedoch offen. Eine endgültige Ant­wort steht also in der Rechtsprechung der norddeutschen Oberverwaltungsgerichte noch aus.

  1. Vertragsnaturschutz

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Vertragsnaturschutz gestärkt. Es hat in einer Entscheidung vom 24.05.2007, Az: 7 B 12.07, festgestellt, daß Naturschutzverträge dem Austausch naturschutzfachlich gebotener Leistungen dienen. In diesem Sinne können auch Regelungen über die Jagdausübung Gegenstand eines Naturschutz­ver­trages sein.

  1. Gesetzlich geschützte Biotope

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in einem Urteil vom 06.07.2006, Az: 5 S 1280/05, daß sich Grundeigentümer mit der an keine Frist gebun­denen Fest­stellungs­klage gegen die Ansprache ihres Grundstückes als gesetzlich geschütztes Biotop wehren können. Für das erforderliche Feststellungsinteresse reicht regel­mäßig das Interesse des Eigentümers an der Klärung der Nutzbarkeit seines Grund­stückes.

  1. Knicks und Außenbereich

Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hat eine Rechtsprechung des Bundesver­waltungsgerichtes auf schleswig-holsteinische Verhältnisse konkretisiert und damit die Tendenz der Rechtsprechung bestätigt, den Außenbereich von Bebauungen frei­zuhalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes endet ein Be­bauungszusammenhang regelmäßig "an den letzten Baukörpern, also an den Bau­lichkeiten auf den Flurstücken". Örtliche Besonderheiten können es rechtfertigen, von dieser Regel abzuweichen und ein oder auch mehrere unbebaute Grundstücke bis zu einer natürlichen Grenze, z.B. einem Fluß oder einen Waldrand, noch dem benach­barten Bebauungszusammenhang zuzuordnen, so das Bundesverwaltungs­gericht im Beschluß vom 02.03.2000, Az: 4 B 15.00.

Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hebt nun hervor, daß ein Knick typischer Bestandteil der freien Landschaft in Schleswig-Holstein ist, so daß er grundsätzlich keine an eine Bebauung "herandrückende" Wirkung haben kann, Urteil vom 21.09.2006, Az: 1 LB 112/05.

  1. Umweltinformationen

Gelegentlich wird im Rahmen einer Genehmigungsplanung oder aber auch zur Ab­wehr eines Vorhabens um Umweltinformationen gestritten, die von der Behörde zu erlangen für die Verfolgung des eigentlichen Anspruchs notwendig sind. Die Recht­sprechung hat klargestellt, daß auch ohne landesrechtliche Umsetzung jedem An­tragsteller ein Anspruch direkt aus der Richtlinie 2003/4/EG - Umweltinforma­tions­richtlinie - auf Zugang zu Umweltinformationen in der Form von Auskünften und Kopien zusteht. Diese Rechtsprechung gilt selbstverständlich auch, wenn die kon­krete Ausgestaltung des Landesrechtes hinter dem Europäischen Standard zurück­bleibt.

In einem vom Verwaltungsgericht Stuttgart am 12.12.2005 entschiedenen Fall (Az: 16 K 379/05) erklagte sich ein Umweltmediziner Detailinformationen über die im­missionsschutzrechtliche Genehmigungslage eines Betriebes, über Meßberichte und -ergebnisse bestimmter emittierter Stoffe und Geräusche sowie Berichte über die Leistungen von Emissionsminderungsmaßnahmen.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat in bezug auf derartige Informationen insbeson­dere verneint, daß es sich um (grundsätzlich schutzwürdige) Betriebs- oder Ge­schäftsgeheimnisse des beigeladenen Unternehmens gehandelt habe.

  1. Landschaftsschutz

Bekanntlich ist das Oberverwaltungsgericht Lüneburg Landschaftsschutzverord­nun­gen gegenüber kritisch eingestellt. Es liegt nun eine weitere Entscheidung vom 15.09.2005, Az: 8 KN 72/02, vor, in der das Gericht eine Landschaftsschutz­verord­nung für unwirksam erklärt hat. Das Ober­verwaltungsgericht hat einen Bekannt­machungs­fehler erkannt, weil die Bekannt­machung der Verordnung nicht die Origi­nal-Abgren­zungskarte wiedergab, sondern lediglich eine Übersichtskarte. Außerdem enthielt der Schutzzweck der Verordnung die "Entwicklung". Nach der anzuwenden­den alten Fassung des Niedersächsischen Natur­schutzgesetzes gab es die Möglich­keit nicht, Landschaftsschutzgebiete zur Entwick­lung auszuweisen.

^

  1. Salzwiesen

Das Nationalparkamt hat nun (erst) ein Buch herausgegeben, das die Entwicklung der Salzwiesen von Schleswig-Holstein 1988 - 2001 anschaulich darstellt. Es heißt in der Zusammenfassung:

"Demnach sind die Salzwiesen vor den Deichen von 6.650 ha im Jahr 1988 kontinuierlich auf 7.760 ha im Jahr 2001 angewachsen. Diese Angaben beinhalten keine Wattquellerfluren, da diese in der ersten Kartierung nicht erhoben werden konnten. Die Flächenzunahme fand überwiegend innerhalb von Lahnungsfeldern und in strömungsberuhigten Buchten mit einer positiven Sedimentbilanz statt. Die Flächenzunahme ist somit zu einem großen Teil ein Effekt von Lahnungsarbeiten".

Klassische Landgewinnung dient also auch dem Naturschutz.

Ergänzende Unterlagen zu allen angesprochenen Themen können bei der Ge­schäfts­stelle abgefordert werden.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Dr. Giesen

 


Anfang