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Rundschreiben 6/2001 |
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Normenkontrollantrag
gegen Landesnaturschutzgesetz Sehr geehrte Damen und Herren,
der
zweite Senat des Bundesverfassungsgerichtes unter dem Vorsitz der Präsidentin
Limbach hat den Antrag von 37 Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen
Landtages, das Schleswig-Holsteinische Naturschutzgesetz von 1993 für
unvereinbar mit der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein und damit für
nichtig zu erklären, verworfen.
Diesem
Rundschreiben ist der Text der komplizierten Entscheidung als
Anlage 1
beigefügt.
Die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ergeht nach über 7 Jahren Anhängigkeit
des Antrages völlig überraschend. Das Bundesverfassungsgericht hatte noch
Anfang des Jahres eine mündliche Verhandlung im Monat September in Aussicht
gestellt. Nun hat das Gericht den Antrag ohne mündliche Verhandlung als
teilweise unzulässig und teilweise offensichtlich unbegründet verworfen.
Daß das Gericht für diese Entscheidung über 7 Jahre gebraucht hat, ist
kaum nachvollziehbar.
Der
Beschluß ist vom gesamten zweiten Senat, d.h. unter Mitwirkung der
Richterinnen und Richter Präsidentin Limbach, Sommer, Jentsch, Hassemer,
Broß, Osterloh, Di Fabio und Mellinghoff zustandegekommen. Berichterstatter
war der ehemalige Richter am Bundesgerichtshof Dr. Broß.
Die
Entscheidung kommt zu einem sehr sensiblen Zeitpunkt und platzt mitten
hinein in das parlamentarische Verfahren zur Novellierung des
Bundesnaturschutzgesetzes. Einige Aussagen der Entscheidung, etwa zur
Verfassungsmäßigkeit des überörtlichen Biotopverbundsystems, dürften
die Diskussion um das Bundesnaturschutzgesetz nachhaltig beeinflussen.
Auch
für die für Herbst vorgesehene Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes
hat die Entscheidung große Bedeutung. Es besteht die Gefahr, daß die
Novellierung weniger gründlich ausfällt und eine Reihe von
verfassungsproblematischen Bestimmungen im Gesetz verbleiben.
Der
Prüfungsumfang des Gerichts war durch die Verfahrensart beschränkt. Das
Bundesverfassungsgericht hat als Landesverfassungsgericht entschieden,
weil im Lande Schleswig-Holstein bislang kein Landesverfassungsgericht
eingerichtet ist. Demnach hatte das Bundesverfassungsgericht das
Schleswig-Holsteinische Naturschutzgesetz am Maßstab der Verfassung des
Landes Schleswig-Holstein zu messen. Die Begründung der Antragsteller ruhte
(grob vereinfacht) auf drei Säulen:
Zum
einen wurden Verstöße des Landesnaturschutzgesetzes gegen die in die
Landesverfassung hineinwirkende Institutsgarantie des Eigentums geltend
gemacht. Zum anderen wurden Verstöße gegen die in der Landesverfassung
(Art. 46) den Kommunen gewährleistete Planungshoheit sowie gegen das
Prinzip der Konnexität von Aufgaben- und Ausgabenlast gerügt. Schließlich
wurde die Nichtigkeit der landesnaturschutzgesetzlichen Regelungen aus der
Überschreitung des bundesnaturschutzgesetzlichen Rahmens hergeleitet.
Dazu
führt das Bundesverfassungsgericht aus, die Landesverfassung von
Schleswig-Holstein sei als Prüfungsmaßstab im wesentlichen ein
Organisationsstatut. Auf die Schaffung eines Grundrechtskataloges sei bewußt
verzichtet worden. Die Gewährleistung des Eigentums als Grundrecht oder
Rechtsinstitut sei keine Grundentscheidung, die in die Landesverfassung von
Schleswig-Holstein hineinwirke.
In
die Gewährleistung der kommunalen Planungs- und Ausgabenhoheit sei zwar
eingegriffen, doch bleibe nach dem Eingriff der absolut geschützte
Kernbereich kommunaler Selbstverwaltung nicht ausgehöhlt. Dies ließen die
im Jahre 1998 geänderten Vorschriften der Landesverfassung zur Gewährleistung
der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 46, 49 Landesverfassung) zu.
Das
Bundesverfassungsgericht verneint sodann eine Verletzung des
Rechtsstaatsprinzips durch die Überschreitung des bundesrechtlichen
Rahmens. Zu diesem Diktum gelangt es durch eine einfachgesetzliche Auslegung
der in Rede stehenden Vorschriften des Landesnaturschutzgesetzes. Eine
derartige einfachgesetzliche Auslegung dürfte nicht zu den Aufgaben des
Bundesverfassungsgerichtes gehören.
Die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist eine herbe Niederlage in dem
gerichtlichen Verfahren. Es wird nun darauf ankommen, mit frischer Tatkraft
die sicherlich aufkommenden Diskussionen um das Naturschutzrecht in
Schleswig-Holstein zu beeinflussen. Eigentumsschutz ist mit der Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichtes im Naturschutzrecht zur eminent politischen
Frage geworden. Es muß wieder neu die politische Debatte um die beste Art
und Weise des Naturschutzes geführt werden. Eigenveranwortung und
Selbstverwaltung gewährleisten am ehesten einen nachhaltigen Naturschutz.
Ausufernde Bürokratie und Verbändepartizipation führen zur Teilung und
damit zum Verlust von Verantwortlichkeit. Nur ein freier, starker Eigentümer,
nur eine unabhängige, selbstverwaltete Körperschaft können ein gute
Naturschützer sein.
Die
Pressemitteilung des Arbeitskreises Eigentum und Naturschutz, die in
Reaktion auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an die Medien in
Schleswig-Holstein versandt wurde ist als
Anlage 2 beigefügt.
Mit
freundlichen Grüßen
gez.
Dr. Giesen |