Rundschreiben 3/2004


1. Mitgliederversammlung 29.04.2004
2. Korrektur Betriebsergebnis Landesforsten
3. NATURA 2000
  a) Schlußantrag der Generalanwältin
  b) FFH-Listung für die Alpine Biogeographische Region
  c) Wörschacher Moos
  d)

FFH und nationales Baurecht

  e) Vogelschutz und Jagdzeiten
4. Artikelgesetz Plan-UVP-Richtlinie
5. Naturschutzpolitisches

Sehr geehrte Damen und Herren,

  1. Mitgliederversammlung 29.04.2004

Unsere Mitgliederversammlung 2004 wird am

Donnerstag, 29.04.2004,
wie gehabt in Rendsburg im Hause des Bauernverbandes,
Jungfernstieg 25, Sitzungssaal, um 13.00 Uhr

stattfinden. Wir bitten Sie, sich diesen Termin bereits jetzt freizuhalten. Die Tagesordnung wird mit gesondertem Schreiben versandt.

Im Anschluß an die Mitgliederversammlung wird Thema des traditionellen Vortrages die Umsetzung von NATURA 2000 durch vertragliche Vereinbarungen sowie der Bereich "Öko-Konto" sein. Angefragt sind Referenten aus den Naturschutzministerien von Schleswig-Holstein und Hessen. Wir bitten bereits jetzt um zahlreiche Teilnahme.

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  1. Korrektur Betriebsergebnis Landesforsten

Im Rundschreiben 1/2004 hatten wir über das Betriebsergebnis der Landesforsten des Landes Schleswig-Holstein und das gigantische Jahresdefizit von rund 10 Mio. € berichtet. Wir haben auf Seite 6 formuliert, daß seit dem Jahr 1997 gesetzwidrig kein Forstbericht der Landesregierung mehr erstellt worden sei.

Letztere Aussage trifft nicht zu und muss hierdurch korrigiert werden. Die Landesregierung hat mit Drucksache 15/3210 des Schleswig-Holsteinischen Landtages den 6. Forstbericht vorgelegt. Er umfaßt den Berichtzeitraum von 1998 - 2002.

In der Sache allerdings gibt es nichts zu korrigieren. Auch aus diesem Forstbericht geht (Seiten 76 - 78) hervor, daß der jährliche Zuschußbedarf der Landesforstverwaltung sogar bei "10 - 11 Mio. €" lag. Im Jahr 2000 war das Defizit besonders hoch, es betrug 12,323 Mio. € !

Das Problem wird im Rahmen des laufenden Novellierungsverfahren zum Landeswaldgesetz nicht erfaßt, geschweige denn bewältigt.

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  1. NATURA 2000

  1. Schlußantrag der Generalanwältin

Ein weiteres, demnächst zur Entscheidung des EuGH anstehendes Verfahren (Rechtssache C 127/02) wird erhebliche Bedeutung erlangen. In einem Vorabentscheidungsersuchen des niederländischen Raad van State liegen die Schlußanträge der Generalanwältin vom 29.01.2004 vor. Regelmäßig folgt der Gerichtshof diesen Schlußanträgen. Sie dienen in der Praxis zur Auslegung der daraufhin ergehenden kürzer gefaßten Urteile. In einer Reihe weiterer Fragen werden Standpunkte vertreten, die alle Befürchtungen der Eigentümer und Gemeinden zum Schutzregime von NATURA 2000 noch übertreffen.

Anlaß der Klage ist ein Rechtsstreit um die Befischung von Herzmuscheln im niedersächsichen Wattenmeer. Der niederländische Raad van State hatte den Europäischen Gerichtshof unter anderem gefragt, ob eine Verträglichkeitsprüfung auch für eine Tätigkeit erforderlich ist, die bereits seit vielen Jahren ausgeübt wird, für die jedoch jährlich neue Lizenzen erteilt werden. Die Generalanwältin plädiert, diese Frage zu bejahen. Würde man dies als Leitsatz generalisieren, wäre die Folge, daß beispielsweise einzelne bergrechtliche Genehmigungen, die auf der Grundlage eines Rahmenbetriebsplanes ergehen, jedesmal neu auf ihre Verträglichkeit geprüft werden müßten. Gleiches würde etwa für die jagdlichen Abschußpläne oder für Fischereiquoten gelten.

Der Raat van State hatte weiter gefragt, ob Voraussetzung für das Erfordernis der Verträglichkeitsprüfung die Möglichkeit oder die Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung ist. Die Generalanwältin läßt hier die Möglichkeit ausreichen, dehnt also die Notwendigkeit für Verträglichkeitsprüfungen außerordentlich aus.

Wir bleiben am Ball und halten Sie über das Urteil des EuGH unterrichtet.

  1. FFH-Listung für die Alpine Biogeographische Region

Die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung für die Alpine Biogeographische Region liegt vor. Es wird erkennbar, daß die Europäische Kommission ihre Listungsentscheidungen offenhält. Es heißt in Erwägungsgrund 8 der Entscheidung der Kommission vom 22.12.2003 (Amtsblatt der Europäischen Union L 14/21 vom 21.01.2004; 2004/69/EG):

"Unter Berücksichtigung der Verzögerungen hinsichtlich des Eingangs der Informationen und der Einigung mit den Mitgliedstaaten ist die Kommission der Ansicht, daß sie eine Liste von Gebieten verabschieden sollte, die als eine erste Liste zu betrachten und im Hinblick auf die Lebensraumtypen und Arten, ... für die die genannten Mitgliedstaaten nicht genügend Gebiete vorgeschlagen haben ... zu ergänzen ist".

Wiederum ist die Entscheidung an die Mitgliedstaaten gerichtet und läßt eine individuelle Betroffenheit von Gemeinden und Eigentümern der Form nach nicht erkennen, obgleich sie dem Inhalt nach natürlich feststeht. Die Zulässigkeit eines Nichtigkeitsfeststellungsverfahrens dürfte deshalb hoch problematisch sein.

  1. Wörschacher Moos

Die 2. Kammer des Europäischen Gerichtshofes hat die Republik Österreich wegen einer Vertragsverletzung verurteilt. Dem Urteil vom 29.01.2004, Rechtssache C-209/02, liegt zugrunde, daß die Steiermärkische Landesregierung mit Bescheid vom 14.05.1999 die Genehmigung für die Erweiterung der in der Gemeinde Wörschach gelegenen Golfanlage von Weißenbach durch die Errichtung zweier neuer Spielbahnen erteilt hat. Dagegen hat die Europäische Kommission geklagt mit der Begründung, die Erweiterung beeinträchtige das Vogelschutzgebiet "Wörschacher Moos". Entgegen den Ergebnissen einer Verträglichkeitsprüfung habe die Erweiterungsgenehmigung im Hinblick auf den Lebensraum des Wachtelkönigs (Crex crex) in dem besonders erklärten Schutzgebiet nicht erteilt werden dürfen. An dem Urteil hat unter anderem die Richterin Colneric mitgewirkt, ehemals Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landesarbeitsgerichts.

Das Urteil zeigt anschaulich, wie weit die Kontrolle der nationalen Naturschutzbehörden durch die Kommission in Naturschutzfragen reicht.

  1. FFH und nationales Baurecht

Die Kommission hatte das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland verklagt mit dem Vorwurf, die FFH-Richtlinie nicht vollständig umgesetzt zu haben. Die britischen Baubehörden hätten bei der Erteilung von Baugenehmigungen unmittelbar die Artenschutzvorschriften der FFH-Richtlinie zu beachten und gegebenenfalls die Genehmigungen zu versagen. Angegriffen wurde die britische Praxis, Baugenehmigungen bereits vor der Beantragung einer naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung zu erteilen.

Das Vereinigte Königreich hat sich mit dem Hinweis verteidigen können, die nachfolgende Versagung einer Ausnahme wirke nach britischem Recht auf die erteilte Baugenehmigung zurück und stelle diese gleichsam unter einen Vorbehalt.

Mit Urteil der 6. Kammer des Europäischen Gerichtshofes vom 06.11.2003, Rechtssache C 434/01 wurde die Klage der Kommission abgewiesen.

Die Entscheidung stärkt zwar auf den ersten Blick die Rechte der Mitgliedsstaaten, zeigt aber auch, welche Befugnisse sich die Europäische Kommission bei der Kontrolle des souveränen Rechts der Mitgliedstaaten anmaßt. Deren gesamtes flächenwirksames Fachrecht wird unter einen "FFH-Vorbehalt" gestellt.

  1. Vogelschutz und Jagdzeiten

In einem Vorabentscheidungsverfahren hat die 6. Kammer des Gerichtshofes am 16.10.2003 (Rechtssache C-182/02) entschieden, daß das französische Dekret über die Jagdzeiten für Zug- und Wasservögel den Vorschriften der Vogelschutzrichtlinie entspricht. Geklagt hatten vor dem französischen Conseil d'État die "Sammlungsbewegungen der Jadggegner" und die "Vogelschutzliga". Die französischen Präfekten sind nach der Entscheidung berechtigt, in Ausnahmeentscheidungen von Jagdzeiten nach der Vogelschutzrichtlinie abzuweichen.

Die Entscheidung betont den Spielraum der nationalen Behörden und dürfte auch für die leidige Kormorandiskussion in Schleswig-Holstein erhebliche Bedeutung haben.

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  1. Artikelgesetz Plan-UVP-Richtlinie

Die Landesregierung beabsichtigt, dem Landtag ein weiteres Artikelgesetz vorzulegen. Diesmal soll es um die Umsetzung der europäischen Plan-UVP-Richtlinie gehen. Quer durch alle Fachmaterien sollen weitere Umweltverträglichkeitsprüfungen vorgeschrieben werden. Derzeit läuft die interministerielle Abstimmung. Unser Arbeitskreis hat sich an das Umweltministerium gewandt um frühzeitig in das Gesetzgebungsverfahren einbezogen zu werden.

Mit Schreiben vom 02.03.2004 hat das MUNL trotz der laufenden Ressortabstimmung mitgeteilt, erst einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung abzuwarten; dieser liege noch nicht vor.

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  1. Naturschutzpolitisches

  1. Förderverein Mittlere Treene

Nach dem häufig "erfolgreich" genannten Vorbild des Naturschutzvereins "Obere Treenelandschaft" ist nun auch für die Mittlere Treene ein Förderverein gegründet worden. Er soll Träger eines weiteren Naturschutzprojektes sein. Bleibt zu hoffen, daß auch an der Mittleren Treene das Projekt mit dem bewährten Augenmaß umgesetzt wird.

  1. Der Naturschutz frißt seine eigenen Kinder

Für die Stapelholmer Naturschutzvereine hat deren Vorsitzende, Frau Dagmar Bennewitz, einen sehr eindrucksvollen Artikel veröffentlicht. Es wird aus dem Naturschutz nachgewiesen, daß die Sukzessions- oder Prozeßschutzideologie des ehemaligen Umweltministers Heydemann gescheitert ist und sich sogar zu einem Schaden für Wiesenvögel umgekehrt hat. Diese haben sich aus dem Naturschutzgebiet "Alte-Sorge-Schleife" zurückgezogen und bevölkern nun den landwirtschaftlich durchaus intensiv bewirtschafteten Meggerkoog. Der Meggerkoog soll nunmehr als Vogelschutzgebiet ausgewiesen werden.

  1. Neue Artenvielfalt

Es heißt in der Präambel der FFH-Richtlinie, daß sich der Zustand der natürlichen Lebensräume im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten "unaufhörlich" verschlechtere. Die verschiedenen Arten seien in zunehmender Zahl ernstlich bedroht.

Moderne wissenschaftliche Erkenntnisse belegen das Gegenteil. Vor kurzem wurde beispielsweise im Nationalpark Harz eine bislang unbekannte Pilzart entdeckt. Nahe Dassow im Landkreis Nordwestmecklenburg wurde die in der Region seit über 80 Jahren ausgestorbene Schwalbenwurzpflanze entdeckt. In der Schaalseeregion wurde der Teichkrebs als Relikt der Eiszeit entdeckt. Im Wattenmeer wächst der Anteil eingeschleppter Arten wie Austern und Beerentang aus dem Pazifik oder Schwertmuscheln und Pantoffelschnecken aus Amerika. In Hessischen Wäldern wurde bei einer groß angelegten Artenschutzuntersuchung eine enorme Artenvielfalt belegt.

Die FFH-Richtlinie geht von einem überholten Ansatz aus !

  1. Novellierung des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes

Das niedersächsische Naturschutzgesetz ist im Bereich der Eingriffsregelung geändert worden.

Danach ist vorgesehen, daß zukünftig der Verursacher eines Eingriffs eine Ersatzzahlung leisten kann, wenn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ganz oder teilweise nicht möglich sind.

Die Ersatzzahlung beläuft sich dann auf höchstens 7 % der Kosten für die Planung und Ausführung des Vorhabens einschließlich der Beschaffungskosten für Grundstücke. Ersatzzahlungen sind auch möglich, wenn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht vorgenommen werden können, weil zu ihrer Durchführung Grundstücke benötigt werden, die sich der Verursacher nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verschaffen kann, oder wenn die Kompensationsmaßnahmen mit einem bestehenden Landschaftsplan nicht vereinbar sind.

  1. Fortschreibung Regional- und Landschaftsrahmenplan Planungsraum IV Dithmarschen/Steinburg

Die Landesplanung, die nunmehr im Innenministerium ressortiert, beabsichtigt die Fortschreibung des Regionalplanes für den Planungsraum IV "Schleswig-Holstein Süd-West - Kreise Dithmarschen und Steinburg". Dazu gibt es Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 01.06.2004. Der Entwurf kann bei der Geschäftsstelle abgefordert werden.

  1. "Fünfjahresplan" Nachhaltigkeit

Nach mehr als dreijähriger Arbeit hat die Landesregierung am 29.01.2004 eine "Nachhaltigkeitsstrategie zukunftsfähiges Schleswig-Holstein" vorgestellt. Die Vorstellungsveranstaltung war und die Strategie selbst ist in ihrer Inhaltslosigkeit erschreckend. Die aufgeblähte Leere verbirgt indes verheerende Grundentscheidungen: So soll das Land in drei Flächenkategorien aufgeteilt werden,

  1. unbeeinflußte "Reservatsfläche",

  2. Naturschutzlandschaften mit Nutzungen/Pflegebedarf,

  3. vorrangig landwirtschaftlich genutzte Bereiche.

Die "Nachhaltigkeitsstrategie zukunftsfähiges Schleswig-Holstein" verfolgt damit einen segregativen Ansatz und damit das Gegenteil von dem, wofür unser Arbeitskreis steht (Integration).

Mit freundlichen Grüßen

gez. Dr. Giesen

Beilage zum Rundschreiben
Die Gebiete der 5. Tranche


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