Umweltminister Müller hat im Kabinett die jährlichen (!) Kosten für
die Umsetzung der vierten Tranche von Vogelschutzgebieten mit 7,3 Mio.
€ angegeben. Offen blieb, was mit "Umsetzung" gemeint war. In
Anbetracht der Tatsache, daß eine von der Europäischen Kommission
eingesetzte Arbeitsgruppe zu Art.8 der Habitatrichtlinie in ihrem
Abschlußbericht durchschnittliche Verwaltungskosten für NATURA 2000 -
Gebiete von 95,00 € pro Jahr und Hektar errechnet, sind vermutlich in
der von Minister Müller angegebenen Zahl ebenfalls nur
Verwaltungskosten berücksichtigt. Finanzminister Stegner stellt dazu
keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung, d.h. die Mittel müssen aus
vorhandenen Haushaltstiteln umgeschichtet werden. Umweltminister
Müller beabsichtigt, 5 Mio. € aus den durch Modulation frei gewordenen
landwirtschaftlichen Geldern zu verwenden. Es sperrt sich dagegen
Innenminister Buß.
Rechnet
man die für die vierte Tranche genannte Summe von 7,3 Mio. € auf
53.539 ha Landfläche, die mit Vogelschutz belegt werden sollen
(entspricht ca. 136,00 € pro Hektar), und rechnet man weiter diese
Zahl nur auf die überwiegend an Land belegenen Vogelschutzflächen der
Tranchen 1 - 3 hoch (erste Tranche 38.433,11 ha; zweite Tranche
109.985,00 ha und dritte Tranche 10.040,00 ha; Einzelheiten der
Berechnung Anlage 2), so ergibt sich ein jährlicher
Verwaltungsaufwand nur für Vogelschutz von 21,55 Mio. €.
Notwendige Entschädigungsleistungen und Aufwendungen für real wirksame
Schutzleistungen sind darin nicht enthalten.
Zur
Erinnerung: Bei einem Gesamthaushalt von ca. 7,7 Mrd. € lag die
Nettokreditaufnahme des Landes Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr
2003 bei ca. 1,2 Mrd. € (entsprechend ca. 17 %). Alleine für den
Schuldendienst nur dieses eines Haushaltsjahres muß das Land (ohne
Tilgung !) jährlich 85 Mio. € aufbringen. Die Gesamtverschuldung
beträgt rund 20 Mrd. € und die jährliche Zinslast daraus rund 900 Mio.
€, entsprechend 11,2 % aller Ausgaben.
Hinzu
kommen die Kosten aus der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Höhe
von rund 46 Mio. € jährlich (fest für die nächsten 15 Jahre;
Bericht des MUNF vom 25.09.2001; vgl. auch Protokoll zur
Mitgliederversammlung vom 15.04.2002, unser Rundschreiben 5/2002), ca.
10 Mio. € jährliches Defizit aus dem Landeswald (ständig
steigende Tendenz; unsere Rundschreiben Nr. 4/2000 und 1/2004) und ca.
16 Mio. € für die Verwaltung nur der an Land gelegenen
FFH-Flächen. Letzterer Ansatz errechnet sich auf der Grundlage des
oben angesprochenen Abschlußberichtes und der
Anlage 2.
Die Zahlen
dürften niedrig gegriffen sein und vermutlich höher ausfallen. Der
Abschlußbericht kann bei der Geschäftsstelle abgefordert werden.
Es
ergibt sich ein jährlicher Verwaltungskostenaufwand von rund 93,55
Mio. € - und noch keinem Fisch, keinem Vogel und keinem
stickoxidgeschädigten Baum geht es besser. Es kreißt der Berg und
gebiert in der Sache ein Mäuslein - in der Verwaltung allerdings eine
Mäuseplage, um im Bild zu bleiben.
Erahnt
man hierzu die Drosselungswirkungen bürokratischer Naturschutzauflagen
auf die Wirtschaft, so steht einer der Hauptverantwortlichen für die
desaströse Finanzlage des Landes fest.
Noch
einmal: Es geht nicht um ein Weniger im Schutz der Schöpfung, es geht
um ein Weniger im Staat und in der Bürokratie.
Mit
Rundschreiben 11/2003 hatten wir kritisiert, daß das MUNL für die "Top
Five - Liste" ausschließlich quantitative Kriterien anwendet und damit
den Tatbestand aus Art. 4 Abs. 1 VSRL ("zahlen- und
flächenmäßig geeignetste Gebiete") verkürzt. Daraus hat das MUNL
gelernt und erklärt in seiner nunmehrigen Veröffentlichung des
Konzeptes, eingeflossen seien auch qualitative Kriterien. Diese werden
jedoch nur genannt und nicht inhaltlich nachvollziehbar dargestellt.
Notwendig wäre es, nicht nur eine Top Five - Liste zu veröffentlichen,
sondern das gesamte Ranking, damit erkennbar wird, welches Kriterium
für welches Gebiet zu welchem Rang führt.