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Vogelschutz
Die
Landesregierung hat ihre Ankündigung (unser Rundschreiben 11/2003) wahr
gemacht und am 20.01.2003 weitere Flächen zur Meldung als
EU-Vogelschutzgebiete vorgeschlagen. Das Beteiligungsverfahren nach § 20
c) LNatSchG wurde eröffnet.
Betroffen
sind rund 53.500 ha Fläche an Land und rund 98.400 ha auf dem Meer,
insgesamt rund 152.000 ha, entsprechend 8,2 % der Landesfläche.
Über die
11 Gebiete wird im Internet umfassend informiert (www.natura2000-sh.de).
Auch gute Karten sind dort einseh- und ausdruckbar. Auf Nachfrage stellt
die Geschäftsstelle gern nähere Informationen zur Verfügung.
Auf den
Beschluß der Landesregierung hat unser Arbeitskreis mit der als
Anlage 1 beigefügten Pressemitteilung reagiert (abgedruckt u.a.
in den KN vom 21.01.2004, S.1).
Das
Bundesverwaltungsgericht hebt in seiner neueren Rechtsprechung zum
Vogelschutz die bestehenden Beurteilungsspielräume hervor.
In einem
Urteil vom 14.11.2002 sagt es folgendes zum ornithologischen
Beurteilungsspielraum:
"Unterschiedliche fachliche Wertungen sind möglich. Die Nichtmeldung
eines Gebiets ist nicht zu beanstanden, wenn sie fachwissenschaftlich
vertretbar ist. Die Vertretbarkeitskontrolle umfaßt auch die
Netzbildung in den einzelnen Bundesländern, hat aber auch insoweit den
Beurteilungsrahmen der Länder zu beachten. In dem Maße, in dem sich
die Gebietsvorschläge eines Landes zu einem kohärenten Netz
verdichten, verringert sich die richterliche Kontrolldichte. Mit dem
Fortschreiten des mitgliedstaatlichen Auswahl- und Meldeverfahrens
steigen die prozessualen Darlegungsanforderungen für die Behauptung,
es gebe ein (nicht erklärtes) "faktisches" Vogelschutzgebiet, das eine
"Lücke im Netz" schließen solle. Die Identifizierung europäischer
Vogelschutzgebiete hat sich ausschließlich an ornithologischen
Kriterien zu orientieren. Eine Abwägung mit anderen Belangen findet
nicht statt". (Natur und Recht 2003, 360 ff.)
In einem
Beschluß vom 26.03.2003 hebt das Bundesverwaltungsgericht hervor:
"Der EuGH
verwendet die IBA-Daten nicht als eigenständige Rechtsquelle, wählt sie aber
als ein wissenschaftliches Erkenntnismittel, dem ein hoher Beweiswert
zukommt".
Mit anderen
Worten: Die Definition der ornithologischen Kriterien ist Sache des Landes
Schleswig-Holstein. Die Landesregierung hat einen Spielraum. Dieser
Spielraum kann zugunsten von Eigentum und kommunaler Selbstverwaltung
genutzt werden, ohne daß europarechtliche Sanktionen die Folge wären. Die
Ausweisung der von der Landesregierung vorgeschlagenen Gebiete und Grenzen
ist also keineswegs zwingend.
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FFH
Der das
Beteiligungsverfahren abschließende Kabinettsbeschluß ist auf den 02.03.2004
angesetzt. Nach Informationen aus dem Umweltministerium soll der
Kabinettsbeschluß auch weitere, bisher noch nicht in die Vorschlagsliste
einbezogene Flächen für die Auswahl vorsehen. Er wird deshalb insoweit ein
weiteres Beteiligungsverfahren eröffnen - die fünfte Tranche !
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Bei der
Geschäftsstelle können die in den Kurzgutachten angegeben Datensammlungen
abgefordert werden, die für den großen Flächenumfang der ausgewählten
dritten FFH-Tranche verantwortlich sind:
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Voß/Grell:
Vorkommen von Kammolch und Rotbauchunke in der NATURA 2000 -
Gebietskulisse der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung, Gutachten
im Auftrag des LANU, Kiel, Februar 2001,
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Voß/Grell/Grell:
Vorkommen von Kammolch und Rotbauchunke in der NATURA 2000 -
Gebietskulisse Schleswig-Holsteins, Gutachten im Auftrag des LANU, Kiel,
Mai 2003,
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Wiese:
Untersuchung der Bestandssituation der Windelschnecken, Vertigo
angustior, Vertigo geyeri und Vertigo moulinsiana in Schleswig-Holstein,
Gutachten im Auftrag des LANU, Cismar, Januar 2002,
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Neumann:
Gebietsauswahl für Rundmaul- und Fischarten des Anhangs II der
FFH-Richtlinie in der von der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung
beschlossenen NATURA 2000 - Gebietskulisse, Gutachten im Auftrag des
LANU, Kiel, Oktober 2003.
Das LANU hat
schon vor Abschluß des Auswahlverfahrens für die zweite Tranche und noch
im laufenden Beteiligungsverfahren für die dritte Tranche teure Gutachten
mit dem Ziel bestellt, Nachmeldeforderungen seitens des Bundesamtes für
Naturschutz und seitens der Europäischen Kommission zu unterstützen.
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Die
Landräte der Kreise Ostholstein, Herzogtum Lauenburg und Segeberg sowie
der Bürgermeister der Hansestadt Lübeck haben sich wegen der "unabsehbaren
Folgen zu Lasten der Schaffung und Sicherung von Beschäftigung in unserem
Land" an die Ministerpräsidentin gewandt. Der am 31.10.2003 bei der
Ministerpräsidentin eingegangene Brief kann in Kopie bei der
Geschäftsstelle abgefordert werden.
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Im Rahmen
der Schaffung einer sogenannten „Umwelthaftungsrichtlinie“ hat sich der
Rat der Europäischen Umweltminister am 13. Juni 2003 darauf verständigt,
daß sich die verschuldensabhängige Haftung für reine Umweltschäden (sogenannte
Biodiversitätsschäden) räumlich und inhaltlich auf die Natura-2000-Gebiete
beschränken soll. Zuvor war das Europäische Parlament übereingekommen, daß
sich die Haftung auf alle Tiere und Pflanzen, die sich in FFH-Gebieten und
anderen nationalen Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten aufhalten,
beziehen sollte. Außerdem sieht der Kompromissvorschlag des Rates der
Europäischen Umweltminister vor, daß sich Betreiber von den
Sanierungskosten befreien können, soweit nachgewiesen werden kann, daß der
Betreiber nicht schuldhaft gehandelt hat und der Umweltschaden z. B. auf
genehmigte Emissionen zurückzuführen ist.
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Offshore-Bundes-Schutzgebiete
Die Landfläche
der Bundesrepublik reicht für neue Schutzgebiete nicht mehr aus. Der Bund
beabsichtigt deshalb, Schutzgebiete in der Ausschließlichen Wirtschaftszone
der Bundesrepublik Deutschland in der Nordsee und in der Ostsee auszuweisen.
Bei der Ausschließlichen Wirtschaftszone handelt es sich um den
Meeresbereich zwischen der 12-Seemeilen- und der 200-Seemeilen-Grenze. Die
Flächen liegen also zwischen dem durch die 12-Seemeilen-Linie umgrenzten
Hoheitsgebiet der Bundesrepublik und der "Hohen See" außerhalb der
200-Seemeilen-Grenze. Die Flächen der Ausschließlichen Wirtschaftszone sind
für zahlreiche Nutzungsarten (Rohstoffgewinnung, Fischerei, Energieerzeugung
etc.) außerordentlich interessant.
Die
Schutzverordnungen sollen nach dem neu geschaffenen § 38 a) BNatSchG ohne
Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren ergehen. Unser Arbeitskreis hat im
vorgeschalteten fachlichen Beteiligungsverfahren die in Abschrift als
Anlage 2 beigefügte Stellungnahme abgegeben.
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"Aukruger Weg"
Im Aukrug ist
unter der Überschrift "Aukruger Weg" ein richtungsweisendes Konzept für
Naturschutz ohne Ordnungsrecht erstellt worden. Anlaß war die Absicht des
Kreises Rendsburg-Eckernförde im Aukrug ein sehr großes
Landschaftsschutzgebiet auszuweisen. Diese Ausweisung soll durch das Konzept
ersetzt werden. Das Konzept trägt eindrucksvoll die nichtstaatlichen
Naturschutzleistungen im Aukrug zusammen und kann bei der Geschäftsstelle
abgefordert werden.
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Landeswaldgesetz
Das
Betriebsergebnis der Landesforsten des Landes Schleswig-Holstein ist seit
1977 negativ und zwar mit stark steigender Tendenz. Aus den Forstberichten
der Landesregierung ergibt sich folgendes Bild (Alle Angaben, soweit aus den
Forstberichten zu entnehmen, in DM je Hektar Holzbodenfläche.):
Jahr |
Ergebnis |
1977 |
- 139,20
DM |
1978 |
- 151,10
DM |
1979 |
- 254,00
DM |
1980 |
- 253,30
DM |
1981 |
- 311,80
DM |
1982 |
- 353,10
DM |
1983 |
- 321,10
DM |
1984 |
- 340,00
DM |
1985 |
- 408,80
DM |
1986 |
- 313,30
DM |
1987 |
- 403,40
DM |
1988 |
- 445,30
DM |
1989 |
- 403,00
DM |
1990 |
- 414,03
DM |
1991 |
- 515,46
DM |
1992 |
- 452,05
DM |
1993 |
- 502,95
DM |
1994 bis 1997 |
durchschnittlich - 422,55 DM |
Insgesamt
ergibt sich also für die Jahre 1977 bis 1997 ein durchschnittliches
Jahresdefizit von - 365,33 DM pro Jahr und Hektar Landeswald.
Seit 1997
wurde gesetzeswidrig kein Forstbericht der Landesregierung mehr erstellt.
Während im ersten Forstbericht das Defizit noch ausdrücklich errechnet wird,
bleibt es in den folgenden Forstberichten dem Leser überlassen, das Defizit
zu errechnen. Im zweiten und dritten Forstbericht sind hierfür die
erforderlichen Angaben klar beziffert enthalten. Im vierten Forstbericht
wird nur noch auf den Gesamtzuschußbedarf des Landesforstbetriebes
abgestellt, der dann im fünften Forstbericht auch nur noch durchschnittlich
und auf den gesamten Berichtszeitraum bezogen angegeben wird.
Man kann also
sagen, daß das wirtschaftliche Ergebnis des dem Land gehörenden Waldes
bewußt verschleiert wird.
Die privaten
Forstbetriebe hatten bis auf das Sturmjahr 1991 durchweg ein positives
Betriebsergebnis, und zwar auch ohne Förderung.
Jedes Jahr
subventioniert der Steuerzahler den defizitären Wald im Besitz des Landes
mit rund 10 Mio. €.
Dies ist
angesichts der Lage des Landeshaushalts und der vielen vorrangigen
Aufgabenfelder in den Bereichen Bildung, Kultur, Soziales etc. nicht zu
rechtfertigen.
Abhilfe kann
geschaffen werden durch:
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Die
jährliche Vorlage aussagekräftiger Betriebsergebnisse an den Landtag.
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Verkauf
staatlicher Splitterflächen.
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Neuorganisation der landeseigenen Wälder als Landesbetrieb nach
Haushaltsordnung.
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Verlagerung
des kläglichen Restes an hoheitlichen Funktionen auf die Kreise, die
ohnehin als Jagdbehörde mit der Materie befaßt sind.
Der Staatswald
würde dann den Steuerzahler kein Geld kosten, sondern im Gegenteil dem
Landeshaushalt sogar Einnahmen verschaffen. Die Wettbewerbsverzerrung zum
Privatwald würde beendet.
Das Problem
des strukturellen Defizits bei der Bewirtschaftung des landeseigenen Waldes
wird in der Novellierung des Landeswaldgesetzes weder gesehen, noch behoben
- und das angesichts der desolaten Finanzsituation des Landes.
Der
Arbeitskreis hat zur Novellierung des Landeswaldgesetzes die in Abschrift
als
Anlage 3 beigefügte Stellungnahme abgegeben.
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Bundesjagdgesetz
Bei der
Geschäftsstelle liegt ein internes Arbeitspapier des BMVEL zur Novellierung
des Bundesjagdgesetzes vor. Dieses Arbeitspapier besteht bereits aus dem
Formulierungsvorschlag für das neue Recht mit Erläuterungen.
Diejenigen,
die dieses Rundschreiben per e-mail erhalten, finden das umfangreiche Papier
als
Anlage 4
(Word-Dokument, zum Download: rechte Maustaste und "Ziel speichern
unter...") hier beigefügt. Die anderen können es bei der
Geschäftsstelle in Kopie abfordern.
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Rechtsprechung
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Nach einem
Beschluß des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2003 gebietet Art. 14
Abs. 1 GG keine gesetzlichen Vorkehrungen dafür, daß
Wasserschutzgebietsverordnungen nur unter gleichzeitiger Festsetzung
erforderlicher kompensatorischer Maßnahmen für die betroffenen Grundstücke
erlassen werden. Das Bundesverwaltungsgericht stellt sich damit auch für
Wasserschutzverordnungen gegen die Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichtes (Beschluß vom 02.03.1999), nachdem es diese
Position schon zuvor für Naturschutzverordnungen eingenommen hatte (Urteil
vom 31.01.2001).
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Das
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat unter dem 23.01.2003 ein sehr
wichtiges Urteil zum Gebietsschutz durch Naturschutzverordnung gesprochen:
Eine Verordnung stellte ein ca. 330 ha großes Gebiet zwischen Wackernheim
und Mainz unter Naturschutz. Im Rechtsetzungsverfahren hatte der
Verordnungsgeber die betroffenen Landwirte beschwichtigt, es werde mit der
Verordnung keine Einschränkung der ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen
Bodennutzung geben. Von der Landwirtschaftsklausel sei beispielsweise auch
die Umwandlung der bisher intensiv genutzten Hochstammobstanlagen in
Niederstammplantagen bzw. in Spargelanbauflächen gedeckt.
Das Gericht
hat festgestellt, daß das, was der Verordnungsgeber offenbar subjektiv
wollte, objektiv-rechtlich von der Landwirtschaftsklausel nicht gedeckt
ist. Sie stellt den Wechsel der Kulturart eben nicht frei. Das
Oberverwaltungsgericht hat die Verordnung wegen der "offensichtlichen
Inkongruenz zwischen der Zielvorstellung des Verordnungsgebers und der
verordnungstechnischen Umsetzung" für nichtig erklärt.
Das Urteil
wurde möglich, weil der Verordnungsgeber seine Motive in umfangreichen
Verwaltungsvorgängen niedergelegt hat. Daraus ist die Nutzlehre zu ziehen,
daß vor und in Rechtsetzungsverfahren über die ökologischen
Zielvorstellungen intensiv diskutiert werden muß.
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In einer
lange erwarteten Entscheidung hat der zweite Senat des
Bundesverfassungsgerichtes mit Beschluß vom 05.12.2002 zur
Verfassungsmäßigkeit von Wasserverbänden erkannt. Das
Bundesverwaltungsgericht hatte dem Bundesverfassungsgericht die Frage
vorgelegt, ob das Grundgesetz es zulasse, daß Organe der Wasserverbände
nicht in einer ununterbrochenen Legitimationskette vom Volk zu den mit
hoheitlichen Aufgaben betrauten Amtswaltern stehen. Diese Bedenken
betrafen Arbeitnehmervertreter in den Leitungsgremien der Verbände, welche
nach Vorschlägen des Personalrats von der Verbandsversammlung gewählt
werden, wobei drei Arbeitnehmer gewählt werden müssen, die in einem
Beschäftigungsverhältnis zu dem Verband stehen, und zwei weitere, die
keine Beschäftigten des Verbands sind.
Das
Bundesverfassungsgericht hat diese Konstruktion mit der Erwägung
abgesegnet, daß in einem Bereich "funktionaler Selbstverwaltung" eine
Durchbrechung des Demokratie- und des Rechtsstaatsprinzips zulässig sei.
Durch Gesetz dürfe der Gesetzgeber außerhalb der unmittelbaren
Staatsverwaltung und der gemeindlichen Selbstverwaltung
Organisationsformen schaffen, die vom Erfordernis lückenloser personeller
demokratischer Legitimation aller Entscheidungsbefugten abweichen.
Die
Entscheidung hat sehr grundsätzliche Bedeutung für
Selbstverwaltungskörperschaften, die gerade im landwirtschaftlichen
Bereich häufig vorkommen (Landwirtschaftskammer, Wasser- und Bodenverbände
einschließlich Landesverband etc.).
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Steuerrecht
Nach der
Praxis der Finanzverwaltungen sind Entschädigungen, die für
naturschutzbedingte Nutzungsbeschränkungen gezahlt werden,
einkommensteuerpflichtig. Dies ist im Gesetzgebungsverfahren insbesondere zu
§ 42 Abs. 4 LNatSchG nicht ausreichend berücksichtigt worden. Nach der
Vorschrift können die Naturschutzbehörden vom Eigentümer die Übertragung des
Eigentums verlangen, wenn die an ihn zu zahlende Entschädigung mehr als 50 %
des Verkehrswertes betragen würde. In der Praxis drohen die
Naturschutzbehörden mit der Übernahme, um die Entschädigungsberechtigten zur
freiwilligen Reduzierung ihrer Forderung auf 50 % des Verkehrswertes zu
veranlassen. Im Ergebnis dieser Praxis verbleibt beim Bürger als Opfer eines
staatlichen Eingriffes lediglich ein gutes Viertel des vollen Wertes des
Genommenen.
gez. Dr. Giesen
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