Stellungnahme zum Entwurf des Landesartikelgesetzes an das Ministerium für Umwelt, Natur und Forsten des Landes Schleswig-Holstein


Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung europarechtlicher Vorschriften in Landesrecht (Landesartikelgesetz) Beteiligungsverfahren
V 307-5301.001.

Sehr geehrter Herr Winkelmann,

vielen Dank für den mit Schreiben vom 08.01.2002 übersandten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europarechtlicher Vorschriften in Landesrecht (Landesartikelgesetz). Unser Arbeitskreis nimmt die gewährte Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme gerne wahr. Wir verweisen auch auf die Stellungnahmen der hier zusammengeschlossenen Verbände und Organisationen, die diese gesondert an Sie richten werden. Die hiesige Stellungnahme versteht sich als "allgemeiner Teil" und hebt hervor, was die hier zusammengeschlossenen Verbände und Organisationen gleichermaßen bewegt.

 

Inhaltsübersicht

Vorbemerkung
Änderungen des Landesnaturschutzgesetzes

Biotopverbund und NATURA 2000

Vorrang des Vertragsnaturschutzes

Raumordnung vor Naturschutz

Abschaffung der Landschaftsrahmenplanung

Bauleitplanung vor Landschaftsplanung

Verschlankung des Eingriffsbegriffs

Baurechtskompromiß

NATURA 2000 vorrangig?

Erleichterung für Vertragsnaturschutz
Verordnungsnaturschutz
Biosphärenreservat
NATURA 2000 - Verschärfung des Schutzregimes

Anhörung vor Duldung

Betreuung und MUNF

Sporthafen-UVP

Skipisten-UVP in Schleswig-Holstein?

Ausweitung der Duldungspflichten

Vorkaufsrecht, Verfahren und Entschädigung

Einschränkung der Entschädigungspflicht

Entschädigungsschuldner

Entschädigungsrechtsweg

Demokratie für die Stiftung Naturschutz

Verbandliche Verfahrensrechte

Beschränkung von Beteiligungsrechten

Landes-UVP-Gesetz

Grundsätzliches zur Regelungstechnik

Zur Anlage 1

Änderungen des Landeswassergesetzes

Änderungen des Landeswaldgesetzes

Schwerpunkte der Kritik

 

Bevor der Entwurf im einzelnen gewürdigt wird, sei eine Vorbemerkung angebracht:

  1.  Kosten

Unter D. der Erläuterung zum Gesetzentwurf heißt es, daß durch die vorgesehenen Regelungen "keine höheren Kosten bzw. kein höherer Verwaltungsaufwand" entstehen und daß "für die Wirtschaft ... Hemmnisse abgebaut" werden würden.

Diese Aussage ist unhaltbar.

Durch die vorgesehenen Regelungen insbesondere des Landes-UVP-Gesetzes wird der vom Vorhabenträger zu betreibende Planungs- und Gutachtenaufwand erheblich gesteigert. Diesem Mehraufwand auf Seiten des Vorhabenträgers geht zwangsläufig auch ein Mehraufwand auf Seiten der Umweltbehörden einher, jedenfalls wenn man annimmt, daß die Gutachten auch gelesen werden. Zudem bestätigt die Praxis die Erfahrungsregel, daß gesteigerter Planungs- und Gutachtenaufwand auch immer einen gesteigerten Aufwand für die Vorhaben selbst und die erforderlichen Kompensationsmaßnahmen bedeutetet. Auch steigt das Verhinderungsrisiko, insbesondere durch die Einbeziehung der Öffentlichkeit und der für die Einholung von Gutachten erforderliche Zeitaufwand verlängert Genehmigungsverfahren im Extremfall bis zu deren wirtschaftlicher Unmöglichkeit. Dies wiederum hemmt die wirtschaftliche Entwicklung und mindert staatliche Steuereinnahmen; die Minderung wird nicht durch Mehreinnahmen aus der planerischen Wertschöpfung ausgeglichen.

Der Landtag darf über die finanziellen Auswirkungen des Gesetzesvorhabens sowohl für Private als auch das Land Schleswig-Holstein nicht im Unklaren gelassen werden. Hier ist nachzubessern.

Ein Beispiel:

Eine Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) für den Ausbau eines vorhandenen Schweinestalles auf 2.500 Mastplätze kostete etwa 30.000,00 DM. Hinzu kamen weitere Kosten des Genehmigungsverfahrens, auch Gebühren, die denselben Betrag erreichten. Das Verfahren hatte einen erheblichen Zeitbedarf. In dieser Zeit stiegen die Baukosten. Ohne UVS hätte der Stall früher in Betrieb genommen werden können. Dadurch entstand Produktionsausfallschaden. Weitere negative Nebeneffekte kommen hinzu, etwa durch in der Zeit des Genehmigungsverfahrens veränderte steuerliche Rahmenbedingungen, Aufschub anderer notwendiger Betriebsinvestitionen, verminderte Auslastung oder aufgeschobene Einstellung auf dem Betrieb beschäftigter Mitarbeiter.

Dies alles wäre hinnehmbar, wenn die Verfahren wirklich umwelt- und betriebsrelevante Erkenntnis erbrächten. Dies ist aber häufig nicht der Fall. Vielmehr wird mit allgemeinen Statistiken und Trendüberlegungen gearbeitet, weil wirklich exakte Einzelfalluntersuchungen die Kosten weiter explodieren ließen.

  1. Verfassungsrechtliche Bedenken

Wir nehmen zur Kenntnis, daß die Regelungsspielräume des Landes Schleswig-Holstein in Anbetracht von FFH-, VS-, IVU-, UVPund UVP-Änderungsrichtlinie sowie deren teilweisen Umsetzung im BNatSchG und durch das Artikelgesetz eingeschränkt sind. Wir sind aber auch der Ansicht, daß die Umweltrichtlinien der Europäischen Union teilweise mit dem Subsidiaritätsprinzip nach Art. 5 EG-Vertrag und den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 2 EU-Vertrag kollidieren. Ganz allgemein nehmen die Umweltrichtlinien der Europäischen Union zu wenig Rücksicht auf die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland, die sich als Staatsmacht beschränkende "vertikale Gewaltentrennung" historisch ergeben und bewährt hat und die insbesondere den Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen nach Art. 70 ff. und 83 ff. GG zugrundeliegt. Dieser Befund ist unter anerkannten Staatsrechtlern unstreitig; wir verweisen insoweit auf Rehbinder/Wahl, Kompetenzprobleme bei der Umsetzung von europäischen Richtlinien (NVwZ 2002, 21 ff.). Umstritten sind die Folgen, die sich aus diesem Befund ergeben. Einige der zur Folgenbewältigung diskutierten Vorschläge laufen auf eine Schwächung der Länderbefugnisse hinaus.

Wir sehen diese Entwicklung mit Sorge. Das Grundgesetz weist insbesondere in den Artikeln 74 und 75 "Gegenstände" ("Gebiete") der Regelungszuständigkeit der Länder zu und differenziert Bundes- oder Länderzuständigkeit nicht nach einzelnen Größenordnungen dieser Gegenstände. Kompetenzverfassungsrechtlich leuchtet es vor diesem Hintergrund nicht ein, beispielsweise Erstaufforstungen über 50 ha durch Bundesgesetz UVP-pflichtig zu machen, während für denselben Gegenstand in der Größenordnung unter 50 ha die UVP-Pflicht durch Landesrecht begründet und unterschiedlich ausgestaltet wird. Wir nennen dies nur als Beispiel einer ganzen Reihe vorgesehener Regelungen, die die Klarheit und Verläßlichkeit der Kompetenzzuweisungen schwächen. Klare Kompetenzen bedeuten auch inhaltlichen Eigentumsschutz.

Die föderale Ordnung der Bundesrepublik Deutschland darf nicht auf dem Altar eifriger europäischer Umweltrichtlinienproduktion geopfert werden.

  1. Überschießender Regelungseifer

Es hätte deshalb nahe gelegen, daß das Land Schleswig-Holstein den ihm verbleibenden Regelungsspielraum verteidigt und seine Bürger und Betriebe nicht mehr als notwendig einschränkt. Dies ist leider nicht geschehen. Vielmehr sind im vorgelegten Gesetzentwurf auch Regelungen vorgesehen, die durch die europäischen Umweltrichtlinien nicht veranlaßt sind. Die Verankerung der weiteren Schutzkategorie des Biosphärenreservates beispielsweise ist nach den europäischen Vorgaben nicht geboten. Unter dem Vorwand vorgeblicher "Erwartungen aus Brüssel" darf nicht geregelt werden, was einem modernen und schlanken Naturschutz letztlich abträglich ist.

  1. Vorbehalt

Das Landesnaturschutzgesetz füllt den Rahmen des Bundesnaturschutzgesetzes aus. Fast alle Vorschriften des Landesnaturschutzgesetzes nehmen Bezug auf Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes und sind nur vor seinem Hintergrund verständlich. Das Bundesnaturschutzgesetz wird bekanntlich novelliert. Der Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat hat sich auf eine endgültige Fassung verständigt, die indes bislang noch nicht im Bundesgesetzblatt verkündet ist. Der Text des neuen Bundesnaturschutzgesetzes steht deshalb noch nicht fest. Diese Stellungnahme kann deshalb evtl. Unverträglichkeiten mit dem neuen Bundesrecht noch nicht prüfen.

  1. Verpaßte Chance

Der vorgelegte Gesetzentwurf versäumt die Chance, besonders umstrittene und verfassungsrechtlich bedenkliche Vorschriften des geltenden Naturschutzrechts zu entschärfen. Änderungen wären beispielsweise notwendig bei §§ 7 a (Rückkehr zum sog. Huckepack-Verfahren), 9 a (Verbot überschießender Herstellung), 10 Abs. 2 (Aufhebung des Überbauungsverbotes), 14 (Einführung des abgrabungsrechtlichen Vorbescheides), 15 a (Abschaffung der Sukzessionsbiotope), 17 (Abschaffung der Vorgabe, vermögenswerte Nutzungen einzuschränken), 18 (Abschaffung der Schutzkategorie Landschaftsschutz), 32 Abs. 2 S. 3 (Parallelnutzung von Wanderwegen und Lehrpfaden als Reitweg), 37 (Legalisierung vorhandener Stege), 40 (Einschränkung des Vorkaufsrechtes), 47 (Abschaffung der Stiftung Naturschutz), 53 (Verbesserte Eigentümerbeteiligung in Rechtssetzungsverfahren), 54 (klarere Ausnahme- und Befreiungsmöglichkeiten), 54 a (Beachtlichkeit formaler Fehler), 58 b, 58 c (kein Pauschalschutz), 59 a (Bestandsschutz für Altgenehmigungen).

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Im einzelnen:

Zu Art. 1: Änderung des Landesnaturschutzgesetzes

Zu Nr. 1 Biotopverbund und NATURA 2000:

  1.  

  1. § 1 Abs. 2 Ziffer 11 LNatSchG enthält bisher einen als Grundsatz des Naturschutzes formulierten Auftrag zur Einrichtung von Biotopverbundsystemen. Dieser Auftrag soll nun dahingehend ergänzt werden, daß diese Biotopverbundsysteme zur Verbesserung der Kohärenz von NATURA 2000 beitragen.

Praktische Folge wird die Konzentration von Biotopverbundflächen um und zwischen NATURA 2000 - Gebieten sein.

Biotopverbundflächen sind nach § 15 Abs. 1 Ziffer 4 LNatSchG jedoch vorrangige Flächen für den Naturschutz. Damit gilt die Regel des § 15 Abs. 2 Satz 1 LNatSchG, wonach Naturschutzgebiete die Kernzonen der vorrangigen Flächen für den Naturschutz bilden. Eröffnet wird die Möglichkeit von Maßnahmen der land- und forstwirtschaftlichen Bodenordnung nach § 15 Abs. 4 LNatSchG. Biotopverbundflächen dürfen nach § 21 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG durch Verordnung einstweilig sichergestellt werden. In der Verordnung können die Nutzungen und Veränderungen untersagt werden, die die beabsichtigte Entwicklung zu einem Naturschutzgebiet verzögern oder gefährden. An planerisch ausgewiesenen vorrangigen Flächen für den Naturschutz steht dem Land nach § 40 Abs. 1 Ziffer 6 LNatSchG ein Vorkaufsrecht zu und Eingriffsgenehmigungen nach §§ 7 ff. LNatSchG unterliegen bei vorrangigen Flächen für den Naturschutz verschärften Voraussetzungen.

Alle diese Rechtsfolgen sollen nach der Zielvorstellung des Gesetzes als weiterer "Gürtel" in die Umgebung von NATURA 2000 - Gebieten gelegt werden.

Damit mag die Kohärenz von NATURA 2000 verbessert werden, zugleich wird aber der Schutzstatus der betroffenen Flächen erheblich verschärft. Das ist weder durch die FFH- noch durch die Vogelschutzrichtlinie geboten, denn § 19 b) Abs. 5 BNatSchG bzw. § 20 d) Abs. 4 des Entwurfes sehen bereits für Umgebungsflächen ein Beeinträchtigungsverbot vor.

Die Vorschrift ist als durch das europäische Umweltrecht nicht veranlaßt zu streichen.

  1.  

  1. § 1 Abs. 2 Ziffer 17 LNatSchG soll dahingehend ergänzt werden, daß zu den historischen Kulturlandschaften auch die "halboffenen Weidelandschaften" zählen. Die Gesetzesbegründung ist nicht stichhaltig; die Neuregelung ist als nicht durch das europäische Umweltrecht veranlaßt wegzulassen.

  1. Die vorgeschlagene Anfügung wiederholt wortgleich § 2 Abs. 3 BNatSchG. Die Formulierung ist ambivalent. Aus ihr kann rechtlich sowohl eine Einschränkung als auch eine Schonung des Status Quo der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft gefolgert werden. Die aus der früheren "Landwirtschaftsklausel" hervorgegangene Formulierung hat an positiver Aussagekraft verloren; ihre Anwendung im Einzelfall ist nicht vorhersehbar. Das ist zu beanstanden. Es besteht für den Landesgesetzgeber kein Zwang, dilatorische Formelkompromisse des Bundesgesetzgebers zu wiederholen.

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Zu Nr. 2 Vorrang des Vertragsnaturschutzes:

Die bisherige Formulierung des § 2 Abs. 2 LNatSchG lautete:

"Die Naturschutzbehörden sollen im Rahmen ihrer Zuständigkeit dem Eigentümer oder Nutzungsberechtigten von Grundstücken die eigenverantwortliche Verwirklichung von Maßnahmen des Naturschutzes ermöglichen, insbesondere durch Beratung, vertragliche Regelungen (Vertragsnaturschutz) oder Angebote zum Ankauf; die hoheitlichen Befugnisse der Naturschutzbehörde bleiben unberührt".

Der Entwurf beabsichtigt, diesen Handlungsauftrag ("sollen") in dem wichtigsten Teil seiner Aussage durch einen schlichten Prüfungsauftrag zu ersetzen. Das greift zu kurz, zumal nicht nur der Zweck der begrifflich abgegrenzten "Maßnahmen des Naturschutzes" durch vertragliche Vereinbarungen erreicht werden kann, sondern gerade auch der Zweck von Rechtsvorschriften selbst. Vertragsnaturschutz kann durchaus normersetzend etwa an die Stelle einer Naturschutzverordnung treten.

Es ist deshalb notwendig, einen echten Vorrang vertraglicher Vereinbarungen zu formulieren. Nur so kann mit dem naturschutzrechtlichen Grundsatz "Kooperation statt Konfrontation" ernst gemacht werden. Gerade in Schleswig-Holstein sind einige vertragliche Vereinbarungen erreicht worden, die ihren Zweck hervorragend erreichen. Dies liegt auch an der besonderen Besitzstruktur in einigen Landesteilen. Ein Vorrang vertraglicher Vereinbarungen könnte wie folgt formuliert werden:

"Hoheitlicher Naturschutz unterbleibt, wenn der Zweck auch durch vertragliche Vereinbarungen erreicht werden kann. Darüber hinaus soll ... bleiben unberührt".

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Zu Nr. 3 Raumordnung vor Naturschutz:

§ 4 Abs. 1 Satz 1 LNatSchG lautete bislang:

"Die Erfordernisse und Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes auf Landesebene werden von der Oberen Naturschutzbehörde unter Beachtung der Grundsätze und Ziele der Raumordnung und Landesplanung in einem Landschaftsprogramm dargestellt".

Grundsätze und Ziele der Raumordnung und Landesplanung waren also gleichermaßen "zu beachten".

Nunmehr sind nur noch die Ziele der Raumordnung "zu beachten". Die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind "zu berücksichtigen".

Das Begriffspaar "zu beachten" und "zu berücksichtigen" kennzeichnet im raumordnerischen Sprachgebrauch einen durchaus erheblichen Unterschied. Die Verbindlichkeit von "zu beachten" geht weiter als die von "zu berücksichtigen". Das folgt aus § 4 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 3 Ziffern 2 und 3 ROG. Für die Raumordnung wird dort vorgegeben, daß nur die Ziele verbindliche Vorgaben sind. Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung haben diese Verbindlichkeit nach den Raumordnungsgesetzen nicht.

Die vorgeschlagene Neuregelung ist keine sprachliche Anpassung an die raumordnungsgesetzliche Begrifflichkeit, denn ohne weiteres kann das Naturschutzrecht für seinen Anwendungsbereich festlegen, daß die Erfordernisse der Raumordnung der Landschaftsplanung vorgehen. Dies ist sogar angezeigt, wenn es heißt - wie in den vergangenen Diskussionen über Landschaftsprogramm oder Landschaftsrahmenpläne häufig beteuert -, daß die Raumordnung einen Vorrang gegenüber der Landesplanung behalten soll.

Die Regelung salviert eine Reihe von planerischen Rechtsmängeln im vorliegenden Landschaftsprogramm und verschärft, gewissermaßen "hinterrücks", dessen Verbindlichkeit.

Die bisherige Regelung ist deshalb beizubehalten.

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Zu Nr. 5 Abschaffung der Landschaftsrahmenplanung:

Mit der gleichen Systematik werden die Vorschriften über die Landschaftsrahmenpläne abgeändert. Deshalb gilt das oben Gesagte. Landschaftsrahmenpläne sind im kleinen Schleswig-Holstein überflüssig. § 5 LNatSchG wäre deshalb am besten zu streichen.

Zu Nr. 5 b) Bauleitplanung vor Landschaftsplanung:

Der vorgeschlagene neue Satz 4 des § 6 Abs. 4 LNatSchG kollidiert mit dem Recht der Bauleitplanung. Er sieht vor, daß die nach dem LNatSchG geschützten Bereiche nachrichtlich in die Bauleitpläne zu übernehmen sind und regelt damit Inhaltliches zur Bauleitplanung. Damit wird § 1 a) BauGB ausgehebelt, der für die Darstellungen von Landschaftsplänen lediglich deren Berücksichtigung in der Abwägung zur Bauleitplanung vorsieht.

Schon die bisherige Fassung des LNatSchG stieß auf kompetenzverfassungsrechtliche Bedenken. Vor dem Hintergrund nunmehr abweichender Formulierung des § 1 a) BauGB sehen sich diese Bedenken verstärkt.

Der vorgeschlagene Satz 4 wird in der Praxis auch dafür sorgen, daß beispielsweise Entlassungen aus dem Landschaftsschutz für bestimmte Bauleitplanungen nicht mehr erteilt werden können. Damit werden vom Landschaftsschutz eingezingelten Kommunen zahlreiche Entwicklungschancen genommen. Der vorgeschlagene Satz 4 ist wegzulassen.

Der vorgeschlagene Satz 2 verweist auf § 1 Abs. 6 BauGB und damit auf die Abwägung und kann stehen bleiben.

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Zu Nr. 6 Verschlankung des Eingriffsbegriffs; Ökopunktesystem:

Aus dem in a) vorgeschlagenen § 7 Ziffer 11 LNatSchG sind die "naturnahen Flächen" zu streichen. Es ist unklar, was "naturnahe Flächen" sind. Auch bewirtschaftete Flächen können durchaus "naturnah" sein.

Zur Flexibilisierung und Effektivierung der Eingriffs-/Ausgleichsregelung im Sinne von Eigentum und Natur würde sich eine Regelung anbieten, wie sie in Nordrhein-Westfalen seit Juni 2000 geltendes Recht ist. Als § 4 Abs. 4 S. 3 LG gilt dort:

"Zum Ausgleich der Beeinträchtigungen des Naturhaushalts kommen auch Maßnahmen einer naturverträglichen Bodennutzung in Betracht, die der dauerhaften Verbesserung des Biotop- und Artenschutzes dienen."

Eine solche Regelung würde ein Öko-Punkte-System begünstigen, wie wir es mit Schreiben vom 19. Februar 2002 an Frau Abteilungsleiterin Brahms entwickelt haben. Ein Öko-Punkte-System läuft im Kern darauf hinaus, für Ausgleichsleistungen einen Markt zu schaffen, um die Erbringung von Ausgleich auch für Vorhaben Dritter durch Flächeneigentümer wirtschaftlich interessant zu machen.

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Zu Nr. 7 Baurechtskompromiß:

Die vorgeschlagenen Vorschriften enthalten eine Reihe von Querverbindungen zum sog. "Baurechtskompromiß" des geltenden § 8 a) BNatSchG. Dessen Neufassung indes ist bereits beschlossen. Bis zu Veröffentlichung des neuen geltenden Gesetzestextes muß deshalb ergänzende Stellungnahme vorbehalten bleiben.

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Zu Nr. 13 NATURA 2000 vorrangig?:

Die vorgeschlagene Vorschrift macht NATURA 2000 - Gebiete zu vorrangigen Flächen für den Naturschutz. Damit ordnet sie für NATURA 2000 - Gebiete über die dort ohnehin schon geltenden Regelungen hinaus auch die oben zu Nr. 1 aufgezählten Rechtsfolgen vorrangiger Flächen für den Naturschutz an. Der Schutzstatus von NATURA 2000 - Gebieten wird damit wesentlich verschärft.

Das ist durch das europäische Recht nicht veranlaßt.

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Zu Nr. 14 Erleichterung für Vertragsnaturschutz:

Die geplante Regelung zu Ziffer b) wird ausdrücklich begrüßt. Sie erleichert das Anknüpfen an eine unbeschränkte Bewirtschaftung nach dem Auslaufen von Naturschutzverträgen.

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Zu Nr. 16 Verordnungsnaturschutz:

§ 16 Abs. 1 LNatSchG enthält einen Auftrag zum besonderen Schutz durch Verordnung. Dieser Auftrag erfaßt nun auch das Biosphärenreservat. Die Vorschrift wird scharf kritisiert, wie im einzelnen aus folgendem hervorgeht:

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Zu Nr. 17 Biosphärenreservat:

Mit einem neuen § 18 a) soll die Schutzkategorie des "Biosphärenreservates" eingeführt werden. Das ist überflüssig und durch die europäischen Richtlinien nicht veranlaßt. Im Gegenteil bleibt es auch nach dem bisherigen § 14 a) BNatSchG den Ländern überlassen, ob sie die Schutzkategorie des Biosphärenreservates in ihren Katalog der Gebietskategorien aufnehmen oder nicht.

Zwar kennen insbesondere die östlichen Bundesländer Biosphärenreservate, doch verlängern die dortigen Landesnaturschutzgesetze die entsprechenden Einrichtungen aus der DDR-Zeit. Damit machen sie sich eine babylonische Sprachverwirrung zunutze. Zu unterscheiden sind nämlich die "Biosphärenreservate" i.S.d. mab-Kriterien (man and biosphere) von den Biosphärenreservaten nach § 14 a) BNatSchG. Während Biosphärenreservate nach den mab-Kriterien der UNESCO rechtsfolgenlos bleiben und sogar eine gewisse, etwa auch tourismusförderliche Bedeutung haben können, bedeuten Biosphärenreservate i.S.d. § 14 a) BNatSchG die mit Natur- und Landschaftsschutzverordnungen üblicherweise einhergehenden Verbote und Wirtschaftsbeschränkungen.

Insbesondere die Diskussionen um den Schaalsee im Kreis Herzogtum-Lauenburg haben die politische Absicht dieser Begriffsverwirrung deutlich gemacht. Betroffene Eigentümer und Gemeinden werden mit dem Begriff des Biosphärenreservates nach den mab-Kriterien "gelockt". Die mab-Kriterien bezwecken beispielsweise den "Erhalt der Region als Lebens- und Wirtschaftsraum der Bevölkerung" oder die "Sicherung und Schaffung regionaler Arbeitsplätze in innovativen, umweltorientierten Betrieben". Wer wollte etwas dagegen haben? Natur- und Landschaftsschutzverordnungen allerdings greifen erheblich in Freiheit und Verantwortung der Eigentümer und Gemeinden ein.

Vor diesem Hintergrund sehen wir auch nicht, warum die neue Schutzkategorie ein naturschutzrechtlicher Fortschritt sein sollte. In wesentlichen Teilen ihres Gebietes müssen Biosphärenreservate nach der vorgeschlagenen Regelung die Voraussetzungen eines Naturschutzgebietes, im übrigen überwiegend eines Landschaftsschutzgebietes erfüllen. Ein Biosphärenreservat kann also der Sache nach auch durch das Nebeneinander von Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten bestehen.

Die vorgeschlagene Neuregelung erleichtert es allerdings, auch Flächen in das Biosphärenreservat einzubeziehen, die nicht die Voraussetzungen eines Naturschutzgebietes oder eines Landschaftsschutzgebietes erfüllen. Zudem wird die Formulierung und Inkraftsetzung von Landschaftsschutzverboten den Kreisen genommen und der Obersten Naturschutzbehörde zur Zuständigkeit übertragen.

Diese Ausweitung hoheitlichen Naturschutzes ist nicht hinnehmbar. Sie ist kontraproduktiv und widerspricht allen politischen Absichtserklärungen.

Biosphärenreservate sind keine Schutzkategorie für Schleswig-Holstein !

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Zu Nr. 20 NATURA 2000-Verschärfung des Schutzregimes:

Der neue Unterabschnitt 3 a) geht über die den Schutzstatus in NATURA 2000 - Gebieten bislang bestimmenden Vorschriften der §§ 19 a) ff. BNatSchG weit hinaus. Die überschießenden Regelungen sind zu unterlassen. Die Vorschriften sind auf das europarechtlich Gebotene zurückzunehmen. Schleswig-Holstein darf schon aus Gründen der Standortattraktivität keinen schärferen Schutzstatus über NATURA 2000 - Gebiete legen, als er in anderen Mitgliedstaaten und Bundesländern üblich ist.

Im einzelnen:

Zu Nr. 20 a)

Die neue Vorschrift soll die Erfüllung der Berichtspflicht nach Art. 17 FFH-RL der obersten Naturschutzbehörde zuweisen. Alle 6 Jahre soll demnach das Umweltministerium des Landes Schleswig-Holstein die Berichtspflicht erfüllen.

Art. 17 FFH-RL verlang die Erfüllung der Berichtspflicht aber nicht von der obersten Naturschutzbehörde des Landes Schleswig-Holstein oder überhaupt eines anderen Bundeslandes, sondern nach Art. 17 Abs. 1 S. 1 FFH-RL erstellen die Mitgliedstaaten einen Bericht über die im Rahmen dieser Richtlinie durchgeführten Maßnahmen.

Wenn in europäischen Richtlinien von den Mitgliedstaaten die Rede ist, so trifft die daraus folgende Umsetzungspflicht den Bund. Zur Erfüllung der Berichtspflicht wäre mithin das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) zuständig, nicht das MUNF in Schleswig-Holstein.

Die Vorschrift kann im Sinne einer Verschlankung des Gesetzes weggelassen werden, denn für eine bloße verwaltungsmäßige Zuarbeit des MUNF an das BMU ist eine Rechtsgrundlage nicht erforderlich.

Zu § 20 b Abs. 1:

Ohne Not zeigt sich die Vorschrift sprachlich kreativ und bringt damit zusätzliche Rechtsunsicherheiten. Weder das BNatSchG noch die FFH-RL noch die Rechtssprechung des EuGH und auch nicht die des Bundesverwaltungsgerichtes kennen bislang die "naturschutzfachlichen" Maßgaben. Der EuGH hat für die Phase der Auswahl lediglich entschieden, dass Art. 2 Abs. 3 der FFH-RiLi nicht anzuwenden ist. Damit muss die Auswahl nicht den "Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung "tragen". Das also im Gegenschluss zu dieser negativen Formulierung positiv nur "naturschutzfachliche" Maßgaben zählen, ist damit noch nicht gesagt.

Art. 4 Abs. 1 S. 1 FFH-RL spricht nur von "einschlägigen wissenschaftlichen Informationen" und meint damit durchaus anderes, als "Naturschutzfachliches".

Es wird angeregt, § 20 b Abs. 1 wie folgt zu formulieren:

"Die Oberste Naturschutzbehörde wählt die Gebiete, die der Kommission nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG zu benennen sind, nach den in dieser Vorschrift genannten Maßgaben aus."

Zu § 20 b Abs. 2:

Die Vorschrift verpflichtet die Oberste Naturschutzbehörde zu einer Kostenschätzung, die zur Erfüllung der Verpflichtung nach Art. 6 Abs. 1 FFH-RL entstehen. Bei Art. 6 Abs. 1 FFH-RL handelt es sich um die Generalnorm für das FFH-Schutzprogramm. Dort ist nur von den Erhaltungsmaßnahmen die Rede. In die Kostenschätzung müssten demnach nur die Kosten für die unmittelbaren Maßnahmen des Naturschutzes aufgenommen werden.

Dies greift zu kurz. § 19 b Abs. 1 S. 4 BNatSchG präzisiert deshalb den Verweis auf die Erhaltungsmaßnahmen des Art. 6 Abs. 1 FFH-RL durch den Zusatz "einschließlich der Zahlung eines finanziellen Ausgleichs für die Landwirtschaft".

Zu den Kosten für die Naturschutzmaßnahme werden also auch diejenigen Kosten hinzugezählt, die die Naturschutzmaßnahme im eigentumsschützenden Rechtsstaat rechtlich erst möglich machen. Diese Formulierung des BNatSchG ist zu übernehmen.

§ 20 b Abs. 2 ist in seiner zweiten Satzhälfte wie folgt zu formulieren:

" ... über die ausgewählten Gebiete und schätzt die Kosten, die zur Erfüllung der Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG einschließlich der Zahlung eines finanziellen Ausgleichs für die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft entstehen."

Zu § 20 c Abs. 1:

Auch hier wieder der Verweis auf die "naturschutzfachlichen Maßgaben". Selbstverständlich trifft es zu, dass der EuGH auch für die Vogelschutzrichtlinie entschieden hat, dass maßgeblich für die Auswahl nicht wirtschaftliche, politische und soziale Gründe sein dürfen. Auch hier aber nur die Klarstellung, welche Gründe nicht maßgeblich sein dürfen. Das für die Auswahl maßgebliche Normprogramm des Art. 4 VSRL darf durch das zusätzliche Wort von den "naturschutzfachlichen Maßgaben" nicht eingeschränkt werden. Dies wäre eine unvollständige Umsetzung der Richtlinie zu Lasten der Betroffenen.

Zu § 20 d Abs. 1 S. 2:

Die Vorschrift bringt eine echte Neuigkeit. Sie enthält den Auftrag, das auch die europäischen Vogelschutzgebiete zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne der §§ 17 - 20, also zu Naturschutzgebieten, Landschaftsschutzgebieten, Naturdenkmalen und geschützten Landschaftsbestandteilen zu erklären sind. Für Vogelschutzgebiete galt diese Maßgabe bislang nicht. § 19 b Abs. 2 BNatSchG sah diese Rechtsfolge nur für die in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung eingetragenen Gebiete vor, also nur für FFH-Gebiete.

Eine Reihe von Vogelschutzgebieten sind sehr viel großflächiger als die FFH-Gebiete. FFH- und Vogelschutzgebiete sind in Schleswig-Holstein zwar manchmal, aber nicht immer deckungsgleich. Es gibt vielmehr erhebliche Abweichungen. Noch mehr Flächen als bisher stehen nun unter dem Damoklesschwert der Entwertung und Nutzungsbeschränkung durch Naturschutzverordnungen.

Das wird abgelehnt.

§ 20 d Abs. 1 S. 2 der vorgesehenen Regelungen ist zu streichen.

Zu § 20 d Abs. 3 S. 2:

Die Vorschrift führt für vertragliche Vereinbarungen in NATURA 2000 - Gebieten die ausschließliche Zuständigkeit der Obersten Naturschutzbehörde ein. Diese Vorschrift ist kontraproduktiv. Die Kapazitäten beim Ministerium sind beschränkt. Zudem ist Ortskenntnis dort häufig lange nicht in dem Maß vorhanden, wie bei den Unteren Naturschutzbehörden. Auch die Unteren Naturschutzbehörden sollen vertragliche Vereinbarungen in NATURA 2000 - Gebieten abschließen können.

Zu § 20 e Abs. 2:

Ganz versteckt führt diese Vorschrift eine Neuigkeit ein, die Projektträgern erhebliche zusätzliche Kosten aufbürdet. § 19 c BNatSchG ordnete bislang eine Verträglichkeitsprüfung an. Für diese Verträglichkeitsprüfung galten die Verwaltungsverfahrensgesetze, dass heisst insbesondere der Untersuchungsgrundsatz, in Schleswig-Holstein in § 83 LVwG. Danach ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Die Behörde hat dabei alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände, zu berücksichtigen. Die Verträglichkeitsprüfung war also Sache der Naturschutzbehörden.

Es stand den Projektträgern frei, die Verträglichkeitsprüfung durch Verträglichkeitsstudien vorzubereiten. Zu derartigen Verträglichkeitsstudien gab es aber keine Verpflichtung.

Das soll nun anders werden. Dem Projektträger wird die ganze Last aufgebürdet, alle Angaben zu machen, die zur Beurteilung der Verträglichkeit des Projektes erforderlich sind. Damit wird der Amtsermittlungsgrundsatz der Verwaltungsverfahrensgesetze auf den Kopf gestellt.

Die Vorschrift wird durch den Verweis auf § 9 Abs. 2 LNatSchG noch verschärft. Die Vorschrift schreibt Prüfungen vor, die für die Abarbeitung der Eingriffs-/Ausgleichsregelung der §§ 7 ff. LNatSchG erforderlich sind. Diese Prüfungsschritte sind mit den Schritten einer FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht vergleichbar. Die "Vermeidbarkeit des Eingriffs" nach § 9 Abs. 2 Ziffer 2 LNatSchG beispielsweise ist kein nach der FFH-Richtlinie zu prüfender Gesichtspunkt.

Aus der Optimierungsvorgabe der Vermeidbarkeit ist schon bisher zu häufig ein Kriterium gemacht worden, anhand dessen über Wohl und Wehe des gesamten Vorhabens entschieden wurde. Das war schon im Sinne der Eingriffs-/Ausgleichsregelung fehlerhaft. Diese Fehler werden sich übertragen und bei FFH-Verträglichkeitsprüfungen potenzieren.

§ 20 e Abs. 2 ist zu streichen.

Zu § 20 e Abs. 7:

Die Vorschrift versucht eine Zuständigkeitszuweisung für die Verträglichkeitsprüfung. Diese Zuweisung ist völlig missglückt. Es ist zwar richtig, die Verträglichkeitsprüfung an die zuständige Genehmigungsbehörde und nicht an die Naturschutzbehörden zu geben. Falsch ist es aber, die zuständigen Behörden an ein "Benehmen" mit den Naturschutzbehörden zu binden.

"Benehmen" bedeutet in der Gesetzessprache im Allgemeinen, dass eine Entschließung mit einer anderen Stelle nur in der Weise getroffen werden darf, dass dieser Gelegenheit zur Stellungnahme mit dem Ziel der Verständigung zu geben ist. Die Stellungnahme muss von der entscheidenden Behörde zur Kenntnis genommen und in ihre Überlegungen einbezogen werden.

Wasser-, Forst-, Landwirtschafts-, Bau- und Umweltbehörden werden in der Verwaltungspraxis in einem erheblichen Maß an die Stellungnahmen der Naturschutzbehörden gebunden.

Satz 2 des § 20 e Abs. 7 ist zu streichen.

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Zu Nr. 22 Anhörung vor Duldung:

Die Vorschrift enthält Bereinigungen des bislang auch sprachlich verunglückten § 21 b. Die Vorschrift regelte die Durchführung von Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen auch gegen den Willen des Eigentümers.

Bislang war eine Anhörung des Eigentümers aber bereits vor Festlegung der Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen erforderlich. Dies soll nun nicht mehr der Fall sein. Die Anhörung des Eigentümers ist erst vor der Durchführung der Maßnahmen vorzunehmen.

Diese Stufung führt dazu, dass ein Eigentümer an der eigentlichen Festlegung gar nichts ändern kann, denn sie bleibt geheim. Dem Eigentümer bleibt die schwache Möglichkeit der Anhörung vor Durchführung der Maßnahme, ohne das er damit die Hoffnung verbinden kann, die maßgebliche Festlegung an sich noch abändern zu können. Das ist angesichts der in § 21 b Abs. 2 S. 1 LNatSchG vorgegebenen Duldungsverpflichtung des Eigentümers zynisch.

Anzuhören ist vor der "Festlegung" der Maßnahmen, nicht erst vor der Durchführung.

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Zu Nr. 23 Betreuung und MUNF:

Nach der in Buchstabe a) vorgeschlagenen Regelung ist für die Übertragung der "fachlichen Betreuung eines Naturschutzgebietes" zukünftig nicht mehr das MUNF, sondern das LANU zuständig. Die Übertragung der Betreuung eines Naturschutzgebietes an einen Naturschutzverein wird von den Betroffenen häufig als "letzter Akt der Umverteilung" empfunden. Befugnisse, die den Eigentümern genommen wurden, etwa Pflege- oder Betretensbefugnisse, werden den betreuenden Naturschutzverbänden gegeben. Das LANU, das im Rahmen der vom ihm betreuten Rechtsetzungsverfahren ohnehin eine enorme und im Detail kaum kontrollierbare Machtfülle hat, bekommt durch die Möglichkeit der Auswahl eines "passenden" Naturschutzverbandes eine noch stärkere Stellung. Dies sollte im Interesse des örtlichen Friedens vermieden werden.

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Zu Nr. 29 Sporthafen-UVP:

Das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung für Sportboothäfen ist nur bei Häfen ab einer bestimmten Größenordnung und nicht generell sinnvoll. Häufig bilden sich etwa neue Segelvereine um bestehende oder auch neu zu errichtende Stege. Damit liegt häufig begrifflich ein "Sportboothafen" vor, der den erheblich gesteigerten Verfahrensanforderungen des LUVPG unterfällt. Das ist nicht sinnvoll.

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Zu Nr. 31 Skipisten-UVP in Schleswig-Holstein?:

Die ausführliche Genehmigungsvorschrift für Skipisten, Skilifte und Seilbahnen im neuen § 38 a) zeigt, daß im Schleswig-Holsteinischen Naturschutzrecht wirklich an alles gedacht wird.

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Zu Nr. 32 Ausweitung der Duldungspflichten:

Die Vorschrift erlaubt das Betreten von Grundstücken auch durch Personen, die nicht "Beauftragte der Naturschutzbehörden" im Sinne von § 55 Abs. 1 LNatSchG sind. Das Betreten wird vielmehr denjenigen Personen erlaubt, die mit den beschriebenen "Maßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz, nach diesem Gesetz oder den aufgrund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen" beschäftigt sind. Dies bedeutet eine erhebliche Ausweitung des Betretensrechtes, zumal "Maßnahmen" im Sinne der Vorschrift auch nach den Naturschutzgesetzen genehmigungsbedürftige Vorhaben Dritter sein können. Plant der Nachbar ein ohnehin störendes Vorhaben und hat er dazu beispielsweise Eingriffsdaten zu ermitteln oder eine UVS zu erarbeiten, so haben die von ihm Beschäftigten ein unbeschränktes Betretensrecht.

In der bisherigen Gesetzesfassung war die Duldungspflicht auf

"... Maßnahmen des Naturschutzes, die nach dem Bundesnaturschutzgesetz, nach diesem Gesetz und den aufgrund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen vorgeschrieben oder in diesen Rechtsvorschriften zugelassen sind"

beschränkt.

Die - zugegeben sprachlich elegantere - Formulierung im Gesetzentwurf

"... vorgeschriebene oder zugelassene Maßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz, nach diesem Gesetz oder den aufgrund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen"

bringt aber eine erhebliche Erweiterung. Die Einschränkung auf Maßnahmen des Naturschutzes wird aufgegeben.

Es wird folgende Formulierung vorgeschlagen:

"Eigentümerinnen oder Eigentümer sowie Nutzungsberechtigte von Grundstücken haben durch oder aufgrund der Naturschutzgesetze vorgeschriebene oder zugelassene Pflegemaßnahmen gegen Entschädigung sowie das Betreten von Grundstücken im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen nach Anmeldung zu dulden."

Die vorgeschlagene Formulierung stellt die besondere Entschädigungspflichtigkeit von zu duldenden Maßnahmen und die Selbstverständlichkeit der Anmeldung sicher.

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Zu Nr. 33 b) Vorkaufsrecht, Verfahren und Entschädigung:

§ 40 Abs. 4 S. 2 LNatSchG enthielt bislang einen Verweis auf einige Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über das Vorkaufsrecht. Dieser Verweis wird nunmehr durch den Verweis auf § 28 BauGB ersetzt. § 28 BauGB regelt Verfahren und Entschädigung bei der Ausübung des Vorkaufsrechts, das Gemeinden bei Grundstücken zusteht, für die etwa in einem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke festgesetzt ist.

Die Vorschrift wird begrüßt.

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Zu Nr. 34 aa) Einschränkung der Entschädigungspflicht:

Der vorgeschlagene neue Satz 2 des § 42 LNatSchG läßt eine Entschädigung entfallen, wenn und soweit die Beschränkung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit nicht durch anderweitige Maßnahmen vollständig oder teilweise ausgeglichen werden kann.

Dabei bleibt offen, was "anderweitige Maßnahmen" in diesem Sinne sind.

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Zu Nr. 34 bb) Entschädigungsschuldner:

Es wird begrüßt, daß nach der neuen Vorschrift über die Entschädigung zumindest dem Grunde nach in Verbindung mit der nutzungsbeschränkenden Maßnahme durch die zuständige Naturschutzbehörde zu entscheiden ist. Dies entspricht einer seit langem erhobenen Forderung unseres Arbeitskreises und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes.

In Satz 5 der neuen Vorschriften heißt es, daß zur Leistung der Entschädigung der "Begünstigte" Träger der öffentlichen Verwaltung verpflichtet sei, dessen Behörde die enteignende Rechtsvorschrift oder Maßnahme getroffen hat. Diese Formulierung ist unklar, denn es gibt nutzungsbeschränkende Maßnahmen, deren Kehrseite keine konkrete Begünstigung eines Trägers der öffentlichen Verwaltung ist. Satz 5 sollte wie folgt formuliert werden:

"Zur Leistung der Entschädigung ist derjenige Träger der öffentlichen Verwaltung verpflichtet, dessen Behörde die nutzungsbeschränkende Rechtsvorschrift oder Maßnahme getroffen hat."

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Zu Nr. 34 b) Entschädigungsrechtsweg:

Die Vorschrift eröffnet ganz generell für Entschädigungsansprüche aus § 42 den Verwaltungsrechtsweg.

Teilweise geht die Vorschrift damit konform mit dem durch das Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß vom 20. Dezember 2001 geänderten § 40 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 VwGO.

Soweit allerdings auch für die Höhe eines Ausgleichs- bzw. Entschädigungsanspruches der Verwaltungsrechtsweg eröffnet wird, verstößt die Vorschrift gegen Art. 14 Abs. 3 S. 4 GG. Nach dieser Vorschrift steht wegen der Höhe der Entschädigung im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Es würde zu kurz greifen, dagegen zu argumentieren, Art. 14 Abs. 3 S. 4 eröffne den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nur wegen der Höhe der förmlichen Enteignungsentschädigung. Die Vorschrift beschreibt vielmehr, was auch im Bereich der ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG seit jeher Rechtsansicht der ordentlichen Gerichte ist, daß nämlich Aufopferungsansprüche auf der Grundlage der Art. 74 und 75 der Einleitung zum Preußischen Allgemeinen Landrecht vor die ordentlichen Gerichte gehören.

Aus diesem Grundsatz mag der Bereich herausgelöst werden, der die gerichtliche Überprüfung des Entschädigungs- oder Ausgleichsgrundes betrifft. Dies ist sogar zur Vereinheitlichung des Rechtsweges dann unumgänglich, wenn sowohl die nutzungsbeschränkende Maßnahme als auch die Entscheidung über den Entschädigungs- bzw. Ausgleichsgrund in einem (Verwaltungs-)Akt durch die Naturschutzbehörde getroffen wird.

Aus gutem Grund wird aber zwischen Grund und Höhe der Entschädigung differenziert. Bei der Höhe der Entschädigung greift das Bedürfnis nach der Vereinheitlichung des Rechtsweges nicht. Es kann geradezu sinnvoll sein, über den Grund der Entschädigung vor dem Verwaltungsgericht zu streiten und über die Höhe vor dem ordentlichen Gericht.

Die Rechtswegzuweisung ist wie folgt zu formulieren:

"Über den Grund von Ansprüchen aus § 42 ist der Verwaltungsrechtsweg, über die Höhe derselben der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten eröffnet."

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Zu Nr. 39 Demokratie für die Stiftung Naturschutz:

Bislang wurden sowohl der Stiftungsvorstand als auch der Stiftungsrat der Stiftung Naturschutz von der Landesregierung berufen. Nunmehr soll die Berufung alleine Sache des Ministers für Umwelt, Natur und Forsten sein.

Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein verfügt über einen ungeheuren Grundbesitz. Sie hat die Nordelbische Kirche als den bislang größten Grundbesitzer in Schleswig-Holstein lange überholt. Der Stiftung gehören rd. 16.500 ha Land. Die Stiftungspolitik war unter anderem darauf ausgerichtet, Flächen an "neuralgischen Punkten" zu erwerben. Durch die Zusammenhänge in der Natur werden häufig ganze Landstriche über den Besitz nur weniger Grundstücke kontrolliert. Dies gilt etwa für die Wasserwirtschaft, wo über tatsächliche Erschwerungen für den Wasserabfluß eine aus Naturschutzsicht gelegentlich gewünschte Vernässung rein faktisch durchgesetzt werden kann, ohne daß dem mit den etwas schwerfälligen Instrumenten des Wasserrechts wirksam begegnet werden kann. Dies gilt aber auch für grünlandwirtschaftlich genutzte Niederungsflächen, wo schon ein "Patchwork" brachliegender Stiftungsflächen ausreichen kann, um die Bewirtschaftung der dazwischen liegenden privaten Grundstücke erheblich zu erschweren. Auch jagdlich kann durch günstig liegende Eigenjagdbezirke und deren (Nicht-)Bejagung ein erheblicher Einfluß auf großräumige Wildbeziehungen genommen werden. Die Flächen der Stiftung Naturschutz können auch eine besondere Rolle bei der Trassierung von Verkehrswegen spielen.

Dies sind nur einige Beispiele, die zeigen, daß die flächenhafte Macht der Stiftung Naturschutz in Schleswig-Holstein erheblich ist. Deshalb ist es sinnvoll, wenn die Berufung der leitenden Organe der Stiftung Sache der gesamten Landesregierung bleibt und nicht ausschließlich dem Umweltminister überlassen wird.

Eine unmittelbare demokratische Legitimation der Stiftungsorgane wäre angesichts dieser Machtfülle notwendig. Die Stiftungsorgane sollten deshalb durch den Landtag berufen werden.

Wenn die Stiftung Naturschutz schon nicht ganz abgeschafft werden wird, so sind in diesem Bereich jedenfalls die alten Regelungen beizubehalten.

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Zu Nr. 41 verbandliche Verfahrensrechte:

§ 51 b) Abs. 1 LNatSchG regelt das Verfahren zur Beteiligung von Naturschutzverbänden bei Befreiungen von naturschutzrechtlichen Verboten. Die Behörden haben den Naturschutzverbänden Einsicht in einschlägige Sachverständigengutachten zu gewähren und angemessene Fristen zur Äußerung zum Befreiungsantrag einzuräumen. Dies soll nun entsprechend bei der Entscheidung über die Verträglichkeit von Projekten nach § 20 e) gelten.

Dabei wird übersehen, daß es einen maßgeblichen Unterschied zwischen Befreiungen und FFH-Verträglichkeitsprüfungen gibt.

Bei einer Befreiung steht fest, daß das naturschutzrechtliche Verbot greift. Es geht um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Antragsteller in den Genuß einer naturschutzrechtlichen Privilegierung kommt. Hierbei haben - was schon ein Ärgernis ist - die Naturschutzverbände bestimmte Mitsprachebefugnisse.

Davon strikt zu unterscheiden ist die NATURA 2000 Verträglichkeitsprüfung, bei der erst ermittelt wird, ob ein naturschutzrechtliches Verbot greift, nämlich das des § 20 e) Abs. 3 (Unzulässigkeit des Projektes bei erheblichen Beeinträchtigungen). In dieser Phase den Naturschutzverbänden schon Rechte zur verfahrensmäßigen Einwirkung zu geben bedeutet, den Naturschutzverbänden Mitsprachemöglichkeiten einzuräumen schon bei der Frage, ob ein Verbot greift.

Naturschutzverbände vertreten ein Interesse; gelegentlich sind sie sogar der Ansicht, ihr Interesse sei das der Natur. Die Frage, ob ein Verbot greift oder nicht, sollte jedoch der Rechtsanwendung durch die der Objektivität verpflichtete Behörde überlassen bleiben. Naturschutzverbände mögen ihr Interesse geltend machen, wenn es um die Befreiung von Verboten geht, nicht aber bei den Verboten selbst.

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Zu Nr. 43 bb) und cc) Beschränkung von Beteiligungsrechten:

Die vorgeschlagene Regelung beschränkt die bei dem Erlaß von Schutzverordnungen grundsätzlich vorgeschriebene Eigentümerbeteiligung.

§ 53 Abs. 1 - 5 LNatSchG regeln ein - im einzelnen schon problematisches - Verfahren der Rechtsetzung mit den Kernstücken "Auslegung des Entwurfs" und "Einwendungsmöglichkeit". Abs. 6 des § 53 regelt, wann dieses rechtsschutzsichernde Verfahren nicht angewendet werden muß.

Die vorgeschlagene Regelung nimmt nun die Formulierung von Erhaltungszielen für FFH-Gebiete und die Ausweisung von europäischen Vogelschutzgebieten von der Eigentümerbeteiligung aus. Dabei handelt es sich um Fragen des NATURA 2000 Schutzregimes mit sehr weitreichender Bedeutung.

Alle FFH-Verbote und -Beschränkungen nehmen Bezug auf die Erhaltungsziele. Insbesondere bei FFH-Gebieten der Tranche 1, in der bestehende Naturschutzgebiete mit dem zusätzlichen FFH-Schutzregime überdeckt worden sind, spielt die Formulierung der Erhaltungsziele für die Reichweite der Verbote und deren Inhalt eine erhebliche und wesentliche Rolle. Die Ausweisung von Vogelschutzgebieten ist der Akt, durch den das FFH-Schutzregim über Art. 7 FFH-RL auch für Vogelschutzgebiete wirksam wird.

Für diese Fälle reicht die schlichte Anhörung nicht. Ein stärker formalisiertes Verfahren ist zur Gewährung eines ausreichenden Rechtsschutzes mindestens erforderlich.

Deshalb ist in einem § 53 Abs. 5 a) positiv folgendes zu regeln:

"Die Absätze 1 - 5 gelten auch für die Bestimmung der Erhaltungsziele eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung und die Erklärung zu europäischen Vogelschutzgebieten."

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Zu Art. 2: Landesgesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung

Grundsätzliches zur Regelungstechnik:

Mit dem vorgelegten Entwurf verfolgt das Land Schleswig-Holstein ein bestimmtes Konzept zur Regelungstechnik. Es wird nämlich ein vollständiges, eigenes Landes-UVP-Gesetz (LUVPG) formuliert.

Damit werden eine Reihe von Regelungen des Bundes-UVP-Gesetzes (BUVPG) im wesentlichen wortgleich wiederholt, was zu einem insgesamt außerordentlich langen Gesetz mit dem Risiko der Detailabweichung führt.

Es wäre im Interesse einer Verschlankung, wenn das Land Schleswig-Holstein in seinem LUVPG so weit wie möglich auf das BUVPG verweisen würde. Durch die Verweisung wäre die einheitliche Handhabung und Begrifflichkeit mit dem BUVPG gewährleistet.

Die Regelungstechnik der Verweisung wird auch etwa vom Land Sachsen-Anhalt und weitgehend auch vom Land Brandenburg gewählt.

Das neue Gesetz mit insgesamt 24 Paragraphen könnte so auf drei bis vier Paragraphen reduziert werden.

In diesem Zusammenhang verwundert es insbesondere, wenn es auf Seite 82 in der Gesetzesbegründung heißt, daß die Novellierung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) des Bundes noch nicht im Bundesgesetzblatt verkündet worden sei. Das ist schlicht nicht der Fall. Das Bundesartikelgesetz ist im Bundesgesetzblatt vom 02. August 2001, Seite 1950 ff., verkündet. Im Bundesgesetzblatt vom 19. September 2001, Seiten 2351 ff., ist der bereinigte Text des BUVPG bekannt gemacht. Es spricht für sich, wenn im hiesigen Beteiligungsverfahren drei Monate später ein Entwurf herausgegeben wird, der dies noch nicht berücksichtigt.

Es wird deshalb vorgeschlagen, in einem LUVPG nur Regelungen zum Anwendungsbereich und zu den Zuständigkeiten in Kraft zu setzen und im übrigen auf die Vorschriften des BUVPG zu verweisen.

Wir schlagen deshalb folgendes Gesetz vor:

"§ 1 Anwendungsbereich

  1. Dieses Gesetz gilt für die in der Anlage 1 dieses Gesetzes aufgeführten Vorhaben.

  2. Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Verordnung 1. Vorhaben in die Anlage 1 dieses Gesetzes aufzunehmen, die aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können, 2. Vorhaben unter Beachtung der Rechtsakte des Rates oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften aus der Anlage 1 herauszunehmen, die nach den vorliegenden Erkenntnissen keine erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt besorgen lassen.

 

§ 2 Verfahren

  1. Die §§ 1, 2, 3 a) bis 3 c) Abs. 1, §§ 3 e) bis 17, 25 Abs. 1 bis 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Fassung der Bekanntmachung vom 05. September 2001 (BGBl. I Seite 2350) gelten für die Vorhaben der Anlage 1 dieses Gesetzes entsprechend.

  2. Bei Vorhaben der Anlage 1 hat die zuständige Behörde im Rahmen der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c) Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung die in Anlage 2 genannten Kriterien zu berücksichtigen. Im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c) Abs. 1 S. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind nur die in Anlage 2 Nr. 2 dieses Gesetzes genannten Kriterien zu berücksichtigen.

 

§ 3 Zuständigkeiten

...

 

§ 4 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft."

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Zur Anlage 1:

Kernstück des LUVPG ist seine Anlage 1. In dieser Anlage sind diejenigen Vorhaben aufgeführt, für die entweder eine allgemeine Vorprüfung oder eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls und damit die UVP-Pflicht vorgeschrieben ist. Es entscheidet sich an Anlage 1, welches Vorhaben den aufwendigen Umweltverträglichkeitsprüfungen unterliegt.

Zudem ist auf die sehr versteckten Regelungen in Spalte 2 der Tabelle genau zu achten. Dort steht ein "A" für die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c) Abs. 1 S. 1 UVPG. Dort steht ein "S" für die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach Satz 2 des § 3 c) Abs. 1 UVPG.

Hinter dieser auf den ersten Blick unscheinbar daher kommenden Differenzierung verbirgt sich ein gewichtiger sachlicher Unterschied:

Bei einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls ist nach § 3 c) Abs. 1 Satz 1 Bundes-UVP-Gesetz eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen,

"wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären".

Ausdrücklich wird also auf die - notwendig subjektive - Einschätzung der zuständigen Behörde und auf eine nur überschlägige Prüfung abgestellt. In der Praxis bedeutet dies, daß jeder Vorhabenträger keine andere Wahl hat, als sich jeder auf die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bezogenen Forderung eines Behördensachbearbeiters zu beugen.

Bei einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung demgegenüber nur dann durchzuführen,

"wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind."

Die Tatbestandsmerkmale "nach Einschätzung der zuständigen Behörde" und "aufgrund überschlägiger Prüfung" werden nicht verwendet (1.). Zudem (2.) wird durch die Verweisung auf Ziffer 2 der Anlage 2 Bundes-UVPG auf einfach festzustellende Standortkriterien abgestellt, wie etwa die Lage des Vorhabens in rechtsgültig ausgewiesenen (und deshalb eigentümer- und öffentlichkeitsbekannten) Schutzgebieten. Die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls muß daneben auch auf Nr. 1 der Anlage 2 Bundes-UVPG und so allgemeine Kriterien wie "Nutzung und Gestaltung von Wasser, Boden, Natur und Landschaft" abstellen. Und (3.) müssen bei einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen objektiv "zu erwarten" sein, während es für eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ausreicht, wenn das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen potentiell "haben kann".

Für jedes in der Anlage aufgeführte Vorhaben bedeutet es also einen erheblichen Unterschied, ob eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls oder ob eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist. Die Stellung der investitionswilligen Vorhabenträger wird gestärkt, wenn lediglich eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist.

Vor diesem Hintergrund sollte wo es irgend möglich ist die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls mit "S" in Spalte 2 der Anlage 1 vorgegeben werden.

Zu einzelnen Vorhaben:

...

Nr. 3 Land- und forstwirtschaftliche Vorhaben

Für Erstaufforstungen von 10 bis 50 ha Wald wird in Ziffer 3.3 eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls angeordnet. Das ist sachlich und auch durch das europäische Recht nicht geboten.

Erstaufforstungen durch Kommunen, Zusammenschlüsse, Forstbetriebsgemeinschaften und Forstbetriebe werden in aller Regel von Leuten durchgeführt, die ihr Handwerk verstehen. Ausbildung und Ehrfurcht vor der Sache garantieren einen hohen ökologischen Standard zur schonendsten Erzeugung des nachwachsenden Rohstoffes Holz. Umweltverträglichkeitsprüfungen sind in anderen (Industrie-) Bereichen notwendiger. Sie sind dort teilweise auch bereits üblich. Zur Linderung der neuartigen Waldschäden haben sie übrigens nur bedingt beigetragen.

Die in der Tabelle genannten forstlichen Vorhaben, jedenfalls die Erstaufforstungen, sind qualitativ nun einmal anders zu beurteilen, als beispielsweise die ebenso genannten Abgrabungsvorhaben, Straßenbaumaßnahmen, Flußumleitungen oder Skipisten. In aller Regel sind Erstaufforstungen eine ökologische Verbesserung und keine Eingriffe in Natur und Landschaft i.S.d. Projektbegriffes des Art. 1 Abs. 2 UVP-RL. Bei Abgrabungsvorhaben, Straßenbaumaßnahmen, Flußumleitungen oder Skipisten bedeuten die Vorhaben in aller Regel eine ökologische Verschlechterung.

Es wäre deshalb ein Schießen mit "Kanonen auf Spatzen", Erstaufforstungen dem grundsätzlich selben UVP-Regime zu unterstellen, wie die genannten Maßnahmen anderer Bereiche. Die sachlichen Unterschiede erzwingen eine Differenzierung und fordern die Entlassung jedenfalls der Erstaufforstungen aus dem UVP-Katalog.

Dies gilt auch in Ansehung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in der Rechtssache C 392/96, Kommission gegen Irland. In dieser europäischen Leitentscheidung für die UVP-Pflicht von Erstaufforstungen ging es um Aufforstungsprojekte in als FFH- und Vogelschutzgebieten vorgeschlagenen aktiven Flächenmooren, "die es mit sich bringen, daß der Boden bearbeitet, drainiert und gedüngt wird und die Flora radikal verändere" (Abs.-Nr. 28 im Umdruck). Nach der irischen Umsetzung der UVP-Richtlinie galt für derartige Maßnahmen für die UVP- Pflicht ein absoluter Schwellenwert von zunächst 200 ha, der im Verlaufe der Prozesse auf 70 ha gesenkt wurde. Zudem galt dieser Schwellenwert nur für Aufforstungen desselben Antragstellers aus den letzten drei Jahren. Es leuchtet ein, daß diese Regelungen leicht zu umgehen waren, um europäische Erstaufforstungsförderungen in strukturschwache ländliche Regionen, die Dunragh Loughs und das Pettigo Plateau, umzulenken.

Derartigen Extremfällen beugt in Schleswig-Holstein aber bereits die Verträglichkeitsprüfungspflicht für Projekte in FFH- und Vogelschutzgebieten, § 19 c) BNatSchG, § 20 e) LNatSchG, vor, die bekanntlich auch Umgebungsschutz gewährleistet. Zudem darf gemäß § 17 Abs. 2 LWaldG die Erstaufforstungsgenehmigung aus einer Reihe von ökologischen Gründen versagt werden, und zwar nach § 17 Abs. 3 LWaldG auch durch die Naturschutzbehörden.

Erstaufforstungen sind deshalb aus dem Anhang 1 LUVPG zu streichen.

Umwandlungen:

Hier ist statt der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles vorzusehen. Die Mindestgröße ist auf 10 ha heraufzusetzen.

Dies gilt auch für Projekte zur Verwendung von Ödland oder naturnahen Flächen zu intensiver Landwirtschaftsnutzung im Sinne von Ziffer 3.1.

...

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Zu Art. 3: Änderungen des Landeswassergesetzes

Zu Nr. 7:

§ 111 a) LWG ermächtigt die oberste Wasserbehörde, also das MUNF, Verordnungen zu bestimmten Regelungsgebieten zu erlassen. In dieser Ermächtigungsgrundlage soll nach der vorgeschlagenen Regelung die Befugnis aufgenommen werden, Gewässereigentümer, -benutzer, Indirekteinleiter, Anlagenbetreiber, Träger wasserwirtschaftlicher Vorhaben sowie deren Verbände und Interessenvertretungen zur Mitteilung von Daten zu verpflichten.

Die Gesetzesbegründung nennt als Zweck dieser Vorschrift die Umsetzung des Art. 15 Abs. 3 IVU-RL und den Aufbau eines europäischen Schadstoffregisters (EPER).

Die formulierte Ermächtigungsgrundlage geht jedoch sehr viel weiter. Der in der Gesetzesbegründung genannte Zweck ist in der Ermächtigungsgrundlage nicht angegeben. Das ist jedoch erforderlich. Nach Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 38 Abs. 1 S. 2 LVerfG muß das Gesetz, welches zum Erlaß einer Rechtsverordnung ermächtigt, Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen.

Nr. 9 des § 111 a) LWG ist deshalb wie folgt zu formulieren:

"... zum Aufbau des europäischen Schadstoffregisters."

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Zu Art. 6: Änderungen des Landeswaldgesetzes

Zu Nr. 2:

Buchstabe b) des Gesetzesentwurfes führt zu einer Änderung bei den Genehmigungsvoraussetzungen für Erstaufforstungen. Während bislang § 17 Abs. 2 LWaldG Ausdruck der allgemein geteilten Ansicht ist, daß die Waldfläche in Schleswig-Holstein zu mehren sei, weshalb die Versagungsgründe für die Genehmigung von Erstaufforstungen restriktiv formuliert sind, wird nunmehr vorgegeben, daß eine Erstaufforstung nicht zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führen darf.

Auf den ersten Blick scheint diese Regelung eine Selbstverständlichkeit auszudrücken. Daß die Regelung aber keine Selbstverständlichkeit enthält, wird klar, wenn man bedenkt, daß ja die Erstaufforstung bei einer Fläche von 10 ha einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles nach dem UVP-Gesetz bedarf. Ein negatives Ergebnis der UVP kann auch nach der bisherigen Gesetzesformulierung über § 17 Abs. 3 LWaldG berücksichtigt werden. Mit einem negativen Ergebnis der UVP dürfte feststehen, daß die Erstaufforstung ein Eingriff nach § 7 Abs. 1 LNatSchG ist und deshalb durch die Naturschutzbehörde deren Genehmigung versagt werden darf.

Die zu Buchstabe b) vorgeschlagene Erweiterung in Ziffer 3 des § 17 Abs. 2 LWaldG ist vor diesem Hintergrund eine noch weitergehende Einschränkung der Erstaufforstungsvoraussetzungen, da eine inhaltlich doppelte Regelung nicht Willen des Gesetzgebers sein kann.

Durchaus häufig konfligieren in Schleswig-Holstein Ziele der Waldmehrung mit Zielen des Wiesenvogelschutzes. Gerade Grünlandflächen werden im Zuge des Strukturwandels in der Landwirtschaft gerne aufgeforstet, um die damit verbundenen, durch die Europäische Union gewährten Förderungen nutzen zu können. Es ist nicht sinnvoll, mit der einen Hand Förderungen zu geben und mit der anderen Hand Genehmigungsmöglichkeiten zu nehmen.

Bereits jetzt ist § 17 LWaldG nicht sachgerecht. Es wird vorgeschlagen, die Vorschrift wie folgt zu formulieren:

"§ 17 Genehmigung von Erstaufforstungen

  1. Nicht als Wald genutzte Grundflächen dürfen nur mit vorheriger Genehmigung der Forstbehörde aufgeforstet werden (Erstaufforstung). Dies gilt nicht für die Neuanlage von Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen außerhalb des Waldes. Der Genehmigung können Nebenbestimmungen nach § 107 des Landesverwaltungsgesetzes beigefügt werden.

  2. Die Genehmigung soll nur versagt werden, wenn 1. in Bebauungsplänen eine Verwendung der Grundfläche festgesetzt ist, mit der die Aufforstung nicht zu vereinbaren wäre, 2. die Grundfläche nach einem forstlichen Rahmenplan nicht aufgeforstet werden darf, 3. der Erstaufforstung besonders schwerwiegende Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege entgegenstehen oder 4. die Ertragsfähigkeit benachbarter landwirtschaftlich genutzter Grundstücke erheblich beeinträchtigt würde.

  3. Die Vorschriften des Landesnaturschutzgesetzes bleiben unberührt. Die Forstbehörde entscheidet im Benehmen mit der Naturschutzbehörde.

  4. § 13 ist entsprechend anzuwenden."

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Insgesamt fassen wir folgende Schwerpunkte der Kritik zusammen:

  1. Dem Vertragsnaturschutz ist ein Vorrang vor der Ausübung hoheitlicher Befugnisse einzuräumen.

  2. Zur Flexibilisierung der Eingriffs-/Ausgleichsregelung sollte ein Ökopunktesystem eingeführt werden.

  3. Kein Biosphärenreservat!

  4. Keine Verschärfungen für das NATURA 2000 Schutzregime

  5. Rechtsschutz durch Verfahren: Bessere Eigentümerbeteiligung

  6. Demokratische Legitimation der Organe der Stiftung Naturschutz durch den Schleswig-Holsteinischen Landtag.

  7. Angleichung des Landes an das Bundes-UVPG durch weitgehende Verweisung.

  8. Überarbeitung der Anlage 1 LUVPG.

  9. Keine allgemeine Rechtsgrundlage zur Erhebung von Daten ins Landeswassergesetz!

Für die im Arbeitskreis Eigentum und Naturschutz zusammengeschlossenen Verbände und Organisationen und mit freundlichen Grüßen

gez. Dr. Giesen


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